Es verwundert daher nicht, daß sich schon im Eingang der Hagia Sophia Jesus als Pantokrator, als Weltenherrscher wiederfindet. Im Obergeschoß der Kirche findet sich ein weiteres Porträt von ihm, das ihn näher und persönlicher zeigt. Ich betrachte es lange, es ist für mich das schönste und vollkommenste Portrait in der Hagia Sophia. Was die Frage der Herrschaft betrifft, so entzieht es sich der Unterscheidung von Herr und Knecht, von unten und oben. Man steht Auge in Auge mit einem Herrscher, der keinen Gehorsam verlangt sondern eher ein wenig gedankenverloren wirkt. Nach meinem Eindruck hat er die wehmütige Frage im Blick, ob der Betrachter weiß, durch welche Finsternis er, Jesus, hindurchgegangen ist, um am Ende dieser Kirche zum Glanz zu verhelfen.
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Wunderbar ist der lebendige Hauch einer frischen Röte auf dem Gesicht Jesu. Von dem Punkt aus, von dem man das Mosaik betrachtet - der Kopf Jesu befindet sich etwa 3 m über dem Boden - verschwimmen die Farbpunkte der einzelnen Steinchen zu einem einheitlichen Bild mit feinen farblichen Übergängen. Man wundert sich über die Selbstverständlichkeit, mit welcher der Künstler über diese "Pixel"- Technik verfügte, deren mathematisch-physikalische Grundlagen er vermutlich kaum kannte.
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