500 Kroner, etwa € 50,- |
Das erste, was man als Deutscher über die norwegische
Sprache lernen muss: nicht jedes deutsche "O" ist automatisch ein
norwegisches "Ö". Ein Glas Wein kostet 100 Kroner nicht "Kröner", und man muss schon
zum weltbekannten Smørrebrød übergehen, um in den Genuss eines richtig
skandinavischen Øs zu kommen. Das "U" wird wie in Frankreich als
"Ü" gesprochen, und wenn etwas als "U" klingen soll,
schreibt man es "O". Die Hauptstadt heißt also eigentlich Uslu, Uslu
in Nurwegen. Ich übertreibe etwas.
Dass die Kroner nur jeweils etwa zehn Cent wert sind, lässt
den Euro-Reisenden beim Anblick von Speisekarten mit dreistelligen Preisen erst
einmal erschrecken. Ein Glas Wein kostet tatsächlich 100 Kronen und mehr - ein
Preis, der leider auch dann seinen Schrecken behält, wenn man ihn korrekt durch
9,3145 teilt, das ist der derzeitige Kurs der Krone zum Euro. Oslo ist teuer,
so hatte man uns gewarnt.
Oslo ist auch puritanisch, das bekamen wir zu spüren, als
wir an einem Sonntagabend in einem kleinen Supermarkt Alkohol kaufen wollten.
In den ansonsten gut gefüllten Regalen fanden wir nichts als Bier, und als ich drei
Flaschen davon zum Bezahlen an die Kasse brachte, wurde mir der Kauf verwehrt -
am Sonntag sei nur der Verkauf von "leichtem" Bier mit maximal 2,5
Alkoholprozenten erlaubt. An der Kasse stand eine Runde von Leuten, die mein
Missgeschick freundlich belächelte. "So, this is a Muslim country?",
fragte ich, und alle nickten mir bejahend zu. In Istanbul will Erdogan ähnliche
Gesetze einführen, und viele säkular gesinnte Türken wehren sich leidenschaftlich dagegen.
Vorstädte und der Fjord |
Überraschend sind zu dieser Jahreszeit die endlos langen
Sonnenuntergänge und die dann folgenden relativ hellen Nachtstunden. Um 4 Uhr
morgens ist im Mai und Juni die Nacht zu Ende, bei wolkenlosem Himmel scheint bereits um diese frühe Stunde die Sonne hell und kräftig ins Fenster hinein.
Blick von Burg Akershus auf den Fjord |
förmig zulaufenden Bucht. Tatsächlich liegt die Stadt aber etwa 40 km landeinwärts, an einem langen, nordwärts verlaufenden Fjord, der an seiner Mündung vielleicht etwa 6 km breit ist und dann schmaler wird. Er endet in einer großen Schleife, an deren Scheitelpunkt sich die Stadt befindet. Das Wasser kann von großen Schiffen befahren werden, es lag aber flach und still wie ein oberitalienischer See vor unseren Augen, mit unregelmäßigen Ufern und kleinen bewaldeten Inseln.
Strategisch liegt die Stadt so günstig, dass ihr alter
Festungskern, die Burg Akershus nur ein einziges Mal in ihrer langen Geschichte
eingenommen wurde, im April 1940 von Hitlers Besatzungstruppen.
Haakon VII |
Ole Paus |
Ole Paus hat sich vor vier Jahren zur Überraschung vieler
Leute zu seinem christlichen Glauben bekannt und trug an diesem Abend u.A. eine
eigene, etwas krächzende Version von "O Holy Night" vor, die er mit
einem neuen norwegischen Text versehen hatte. Meine norwegischen Begleiter
lobten die Poesie dieses neuen Textes über alle Maßen. Der bekannte norwegische
Tenor Thomas Ruud hatte vorher zusammen mit einem großen Chor das Original in klassischer Weise vorgetragen.
Beeindruckend war eine Version von "Jesu Namen nie verklinget", die wir gleich zweimal zu hören bekamen. Zuerst erklang sie im Konzertsaal, wo das gesamte Publikum aufgefordert war, das Lied mitzusingen und dies auch auf eine wunderbare Weise tat, so wohlklingend wie ich sie nie zuvor gehört hatte. Und fast noch schöner klang es dann am nächsten Tag im Festgottesdienst im Osloer Dom, auch hier ein großer, spontaner Chor des Kirchenvolkes, dessen vollkommen reine Stimmen mich überraschten.
Das Lied ist nach einer Melodie aus Afrika zuerst in Norwegisch entstanden („Navnet Jesus blekner aldri“, 1923 von David Welander verfasst). Es hat von Norwegen aus seinen Zug um die Welt angetreten.
Im norwegischen Original vermeidet der Text offenbar die
altmodischen Anklänge von "klinget", "bringet" und
"ewiglich", die das deutsche Original altbacken wirken lassen. Die
Norweger sangen ihre Version so frisch und jung, als ob sie gestern erst entstanden
wäre. Die Begleiter an E-Piano und an der Orgel taten ein Übriges und
schmückten das Arrangement mit interessanten Akkorden aus. So schön hatte ich
das Lied in Deutschland noch nie gehört.
Ich habe ein Volk kennen gelernt, das es a) mit dem Alkohol
vorsichtig hält und das b) die alten Lieder mit großem Respekt singt. Man lernt daraus:
wer sich nicht scheut, gelegentlich auch etwas abgetragene Schätze wie "Amazing
Grace" (im Konzerthaus und in der Kirche wurde es gesungen, immer in Englisch) und etwa auch "Go Down Moses" hervorzuholen,
dem gelingt dann auch die Sister-Act-Version von "Joyful Joyful Lord We
Adore Thee" auf vollkommen perfekte Weise.
Vielleicht fahre ich noch einmal nach Norwegen zurück –
einfach um mit den Leuten zu singen.
Mein kleines Land
Ein kleiner Ort, eine handvoll Frieden
Ausgebreitet zwischen Hochebenen und Fjorden
Mein kleines Land
Wo hohe Berge gepflanzt sind
Zwischen Häusern und Menschen und Worten
Und wo Stille und Träume wachsen
Wie ein Echo auf karger Erde
Mein kleines Land
Wo das Meer sanft und weich streichelt,
Wie eine Liebkosung von Küste zu Küste
Mein kleines Land
Wo Sterne vorbeigleiten
Und zu einer Landschaft werden, wenn es hell wird
Während die Nacht blass und still ist
Mitt lille land
Et lite sted, en håndfull fred
slengt ut blant vidder og fjord
Mitt lille land
Der høye fjell står plantet
mellom hus og mennesker og ord
Og der stillhet og drømmer gror
Som et ekko i karrig jord
Mitt lille land
Der havet stryker mildt og mykt
som kjærtegn fra kyst til kyst
Mitt lille land
Der stjerner glir forbi
og blir et landskap når det blir lyst
mens natten står blek og tyst
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