Mittwoch, 15. Oktober 2008

114 Suren





Gestern habe ich mit der Sure 114, der letzten im Koran, meinen Koran-Blog abgeschlossen. Insgesamt 52 posts sind es geworden, am Ende immer jeweils einer zu einem Block von fünf Suren.

Es war viel Arbeit, aber es hat sich gelohnt. Schöne Lesefrüchte habe ich sammeln können, wie etwa das Begriffspaar am Ende der kurzen Sure 103:

Bei der vergehenden Zeit:
siehe, die Menschen sind wahrlich verloren,
außer denen, welche glauben und das Rechte tun,
und einander zur Wahrheit mahnen und zur Geduld.

Herr Öztaş, dem ich schon gedankt habe, hat viele eigene Kommentare beigesteuert und außerdem solche aus den Büchern moslemischer Philosophen und Theologen. Dadurch ist auch ein guter Einblick in das Denken moderner, frommer Moslems entstanden, eine mir vorher fremde Welt.

Ein Christ will ich bleiben, auch wenn meine Frau mich schon halb zum Islam übergetreten sah, nach den vielen Stunden mit dem Koran. Aber die sicherlich ansteckende Frömmigkeit von Herrn Öztaş und seinen Lehrern bringt mich eher dazu, selbst nach mehr eigener Frömmigkeit zu suchen, nach christlicher.

Vereinfachungen möchte ich weiterhin vermeiden. Daß wir am Ende alle an den selben Gott glauben, kann nur der so einfach dahinwerfen, der sich über die Unterschiede hinwegsetzt, die sich aus dem Reden des einen und des anderen Gottes ergeben.
Wenn er einer ist - warum redet er dann zweierlei? Man kann das nur heilen, wenn man der jeweils anderen Seite schwere Verständnisfehler vorwirft. Aber gerade das sollte man nicht tun.

Ähnlich ist dagegen das Reden der Menschen zu Gott hin. Es ist von Sehnsüchten und Hoffnungen durchdrungen, die alle ihr Ziel in Gott haben. Die Bewegung in Gottes Richtung prägt die Frommen dort wie hier in ganz ähnlicher Weise. Eine Sure wie die obige könnten auch Christen beten, so wie etwa Psalm 1 von einem Moslem Wort für Wort wiederholt werden kann.

Er muß dabei allerdings ein anderes Wort für JHWH finden, das zweimal in Psalm 1 vorkommt (das jüdische Vorbild adonai bietet sich an). Ich habe umgekehrt bei allen Suren, die ich im Blog wiedergegeben habe, das arabische Allah durch Gott ersetzt, dann wirken sie weniger fremd. In der Bibel ist Elohim ja auch nicht in der ursprünglichen Sprache belassen.

In den moslemischen Kommentaren wirkt die alte Sitte noch nach, bei der Erwähnung hochgestellter Persönlichkeiten anzuhalten und einen Gruß wie "Friede sei mit ihm!" anzufügen. Ich greife das auf und grüße am Ende mit Respekt den noblen Koran - Friede sei mit ihm! - und streichle meiner etwas angestoßenen Elberfelder Bibel über den Rücken. Friede auch mit ihr - sie soll mich weiter treu begleiten, denn ohne ihre Freundschaft wäre ich verloren.