Sonntag, 8. Mai 2011

Sonntagsgedanken










Heute gab es in Remscheid eine schöne Predigt meines Pastors und Freundes Lothar Leese zum Kämmerer aus dem Mohrenland (Apostelgeschichte 8). In dieser Geschichte von dem klugen Gottessucher und dem ebenso klugen Gottesboten läuft alles richtig und alles auf das Happy End zu: er zog seine Straße fröhlich (8,39). Lothar und ungezählte Prediger vor ihm haben die Verse dazu benutzt, um an vielen Einzelheiten zu illustrieren, wie eine geglückte Gottessuche aussehen kann, das wurde auch heute wieder klar und angemessen herausgestellt.

Worüber selten gepredigt wird – ich kann mich an keine solche Predigt erinnern – ist über das Glück, das gleich zu Beginn der im Lesen der Bibel vertiefte Kämmerer hat, indem er scheinbar wahllos auf eine Stelle aus dem Propheten Jesaja (Kapitel 53, 7 – 8) gestoßen ist. Von dort geht seine spirituelle Reise los, und möglicherweise gelingt sie auch nur, weil sie dort anfängt.

Ich wage einmal die These: von den unzähligen Wegen zu Gott ist der ein Königsweg, der mit dem Lesen der Stellen in Jesaja beginnt, die vom leidenden Gottesknecht handeln*. Aus ihnen stammen auch die beiden Verse, die der Kämmerer liest.

Mit den Prophezeiungen des Jesaja beginnt um 600 v. Chr. eine vollkommen neue geschichtliche Phase** in den Beziehungen Gottes zu den Menschen. Es beginnt eine Ahnung davon, daß sich die Wirklichkeit Gottes auf der Welt nicht in triumphalen Siegen zeigt, sondern im geduldigen Ertragen der ganzen Fülle des menschlichen Unglücks – und der Entdeckung des Glücks, welches das ertragene Elend hervorbringen kann, wenn Gott sich auf die Seite des Leidenden stellt.


* Kapitel 42, 1 – 4, Kapitel 49, 1 – 6, Kapitel 50, 4 – 9, Kapitel 52, 13 – 53, 12

** Das arbeitet Jack Miles in seiner Biographie Gottes sehr schön heraus. Auch der Papst in seinen beiden Jesusbüchern kommt immer wieder auf den neuen Traditionsfaden zurück, der mit den Versen vom Gottesknecht beginnt.







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