Montag, 2. Juli 2012

Zehn Bibelworte für Muslime (VII)


Der verlorene Sohn


Und Jesus sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne. Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht.


(die ganze Geschichte findet sich in Lukas 15*)


Diese Geschichte ist sicherlich eine der anrührendsten in der ganzen Bibel - und sie ist wie die Geschichte von Abraham in Ägypten eine Geschichte, die von Migration handelt. Ein Bauer in Israel vererbt dem älteren Sohn den Hof und zahlt den jüngeren aus. Der Jüngere zieht, so wie es die zweiten Söhne von Bauern überall in der Welt immer wieder machen, in die Ferne. Er wird dort vom Unglück ereilt. Teils ist er selbst daran schuld (er gibt das geerbte Geld offenbar zu schnell aus), teils gerät er unverschuldet in Not (es bricht eine Hungersnot aus).


Sein ganzes Elend, das wurde mir beim nochmaligen Lesen deutlich, kann der Moslem vielleicht besser verstehen als der Christ: der Sohn muss am Ende die Schweine hüten. Muslime und Juden essen nicht nur kein Schweinefleisch, sie ekeln sich vor diesen Aas fressenden Tieren, gerade so, als ob es Ratten oder Aasgeier wären. Am schmutzigen Futtertrog der Schweine, in den er vor rasenden Hunger am liebsten hineingreifen und essen möchte, kommt ihm der Gedanke, wieder nach Hause zu gehen und sich dem Erbarmen seines Vaters anzuvertrauen.
Der Weg zurück erscheint schmachvoll, aber noch bevor er das Haus des Vaters erreicht, wird mit einer einzigen Bewegung klar, dass dieser ihm ohne Groll und ohne Vorwürfe begegnet: der alte Mann sieht den Sohn von ferne, läuft ihm entgegen und zieht ihn an sein Herz.
So ist Gott! So ist seine Barmherzigkeit und so ist seine Liebe zu den Menschen! Wir können aus dem Elend und der Not unseres Lebens zu ihm zurückkehren. Entscheidend ist, dass wir den Punkt finden, an dem wir unseren Sinn ändern und uns umwenden. In der Predigt, die Jesus für die Menschen hat, ist die Umkehr zurück ins Vaterhaus ein zentraler Begriff. Sie kann schmerzhaft sein, aber sie ist lohnend, denn der Weg dorthin ist immer offen, heute noch.

*Und er sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne. Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie. Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land; und dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen. Als er nun all das Seine verbraucht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er fing an zu darben und ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten. Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm. Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger! Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner! Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße und bringt das gemästete Kalb und schlachtet's; lasst uns essen und fröhlich sein! Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein. Aber der ältere Sohn war auf dem Feld. Und als er nahe zum Hause kam, hörte er Singen und Tanzen und rief zu sich einen der Knechte und fragte, was das wäre. Der aber sagte ihm: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das gemästete Kalb geschlachtet, weil er ihn gesund wiederhat. Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Da ging sein Vater heraus und bat ihn. Er antwortete aber und sprach zu seinem Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre. Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet. Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir und alles, was mein ist, das ist dein. Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.

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