Donnerstag, 21. September 2023

"Es ist in keinem anderen Heil"

Bei unserem Besuch im Humboldt Forum, dem vor wenigen Jahren neu errichteten früheren Berliner Stadtschloss, sind wir auch auf der Dachterrasse gewesen und konnten aus der Nähe die umstrittene Inschrift an der Kuppel betrachten. Sie ist nicht nur umstritten, sie ist auch für alle, die nicht auf der Dachterrasse stehen, mit bloßem Auge nicht lesbar.

Die Kuppel und der umlaufende Bibelspruch gehen auf den frommen König Friedrich Wilhelm IV. zurück, unter dessen Regierung zwischen 1840 und 1861 man Bibelworte aus Apostelgeschichte 4,12 und Philipper 2,10 zu dieser Inschrift zusammengefügt hat*. Das eine ist ein Wort des Petrus, das andere eins des Paulus. Wenn man den Zusammenhang liest, in den Paulus seine Wort gestellt hat (es beginnt bei "dass in dem Namen Jesu"), verliert das imperial klingende Bild vom Beugen aller Knie seine harte Gewalt und kehrt sich in das Gegenteil um. Denn der Gottesmann, vor dem sich am Ende der Zeiten die Menschen verneigen werden, ist eine demütige Gestalt, die sich aller Ehren und Würden entäußert hat, um in vollkommener Weise den Menschen zu dienen.

Mein verstorbener Vater hat das Paulus-Wort geliebt. Er hat seine eigene, in vielfacher Weise vom Mainstream der Kirchen abweichende Glaubensrichtung, die „Allversöhnung“, besonders an diesem Wort festgemacht. Er war der Überzeugung, dass die Menschen eines fernen Tages vollkommen freiwillig und aus echter Überzeugung Jesus huldigen werden. Für meinen Vater war es nicht vorstellbar, dass sie nur für einige Momente aus der Hölle geholt und später wieder dorthin zurückgebracht würden. Hier war im Gegenteil ein Moment, in dem alle Strafen und jegliches Höllenfeuer ihr Ende gefunden hatten – in der großen Versöhnung Gottes mit allen Menschen.

Als ich zum ersten Mal von der Inschrift an der Kuppel gehört habe, dachte ich sogleich an meinen Vater  und daran, dass er sich tief über diese Inschrift gefreut hätte. 

Sie steht nun also über Berlin, auch wenn man sie nur aus der Nähe lesen kann. Gegen die vielen Kritiker möchte man mit Pontius Pilatus sagen: was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.

 

 

*ES IST IN KEINEM ANDERN HEIL IST AUCH KEIN ANDERER NAME DEN MENSCHEN GEGEBEN DENN IN DEM NAMEN JESU ZUR EHRE GOTTES DES VATERS DASS IN DEM NAMEN JESU SICH BEUGEN SOLLEN ALLER DERER KNIE DIE IM HIMMEL UND AUF ERDEN UND UNTER DER ERDE SIND
(im Original in Großbuchstaben und ohne Satzzeichen)


Keine Kommentare: