Sonntag, 16. November 2025

Die Steppe


Anton Tschechow
Anton Tschechow erzählt hier die Geschichte einer sich über mehrere Tage hinziehenden Fahrt durch die südrussische Steppe zwischen Don und Wolga. Im holprigen Pferdewagen sitzen zwei Kaufleute, die eine Fuhre Wolle in einer größeren Stadt verkaufen wollen. Mit ihnen fährt ein neunjähriger Knabe, der in der Stadt zum Gymnasium gehen soll.  Die Fahrt ist angesichts der glühenden Julihitze beschwerlich, lässt aber auf vielfältige Weise das grandiose Naturschauspiel miterleben, welches die Steppe immer wieder bietet. Wenn der Wagen halt macht, ergeben sich Begegnungen mit anderen Reisenden oder Gespräche untereinander, die ein farbiges Bild des Lebens in der Steppe miterleben lassen. An einem Haltepunkt erzählt einer der Reisenden zwei Geschichten von der glücklichen Rettung vor Räuberbanden, die bereits mit gezückten Messern auf ihre Opfer warteten. Tschechow hält an dieser Stelle an und fragt, ob die etwas übertrieben wirkenden Darstellungen wirklich wahr sind. Nach kurzem Bedenken entscheidet er sich dafür, den Geschichten zu glauben, denn, so sagt er, alles war an sich so wunderbar und furchtbar, dass das fantastische einer Fabel oder eines Märchens daneben verblasste und mit dem Leben verschmolz.

Der Gedanke, dass eine erzählte Geschichte mit dem Leben verschmilzt und auf diese Weise glaubhaft wird, war mir neu, leuchtet aber unmittelbar ein. Mit dem Leben zu verschmelzen, das ist ein Erkenntnisvorgang, ein Weg zur Wahrheit, über den man noch lange Nachsinnen kann.

Die Sammlung von neun Tschechow–Geschichten, die in meinem Besitz ist, wurde 1945 von dem russischen Schriftsteller Iwan Schmeljow im Pariser Exil zusammengestellt und kommentiert. Bei ihm ist Wahrheit – Prawda auch gleichbedeutend mit Strafrecht, dies allerdings in einer sehr besonderen Form, in welcher das Verbrechen als Sünde und der Verbrecher als Unglücklicher angesehen wird. Hier ergibt sich vermutlich ein Blick in das, was man lange Zeit als „russische Seele“ bezeichnet hat. Sie ist tief, kaum erklärbar und oft auch in sich widersprüchlich. Aber das macht sie vielleicht dem Leben ähnlich, das sich insgesamt auch nicht immer erklären lässt. In der Steppe bekommt man eine Ahnung davon, wie vielfältig menschliches Leben sein kann und man fährt Station für Station neugierig auf dem rumpelnden Pferdekarren mit. Vielleicht verschmilzt auch bei mir bald das, was ich bei Tschechow lese, mit meinem Leben.

Montag, 10. November 2025

Über Dispensationalismus

Peter Thiel
Für mich überraschend ist die Lehre von den Zeitaltern ("Dispensationen") der Heilsgeschichte in der letzten Zeit immer wieder in den Kommentaren der amerikanischen Zeitungen aufgetaucht. Vielleicht am prominentesten wird sie vertreten von dem Milliardär Peter Thiel (hier sein Interview "Peter Thiel and the Antichrist" mit Ross Douthat), der mit seinem Geld und Einfluss prominent den Vizepräsidenten JD Vance befördert hat.

Die Theorie von den Dispensationen legt über die Weltgeschichte ein Raster von großen Erklärungsmodellen, nach denen die verschiedenen Zeitalter jeweils auf einen großen Grundgedanken basierten. Besonders nachdrücklich geschieht das in verschiedenen Ausprägungen des Christentums. Aber auch die Hippie-Bewegung hat erwartet, dass in der Neuzeit The Age of Aquarius, das Zeitalter des Wassermanns, beginnt, in dem Liebe und menschliches Verständnis regiert. 


John Nelson Darby
Die Christen haben ihre Theorien traditionell anders angelegt, indem sie das in der Bibel verheißene, 1000-jährige Reich als siebten Tag einer Kette von Zeitaltern interpretiert haben, die am Ende im himmlischen Königreich Gottes zum Ziel kommen. In Wikipedia kann man nachlesen, wie sich die schon bei Augustinus vorhandenen christlichen Gedanken entwickelt und verbreitet haben. Modern geworden sind sie besonders durch den anglikanischen Priester John Nelson Derby (1800 - 1882), um den herum sich auch in Deutschland kleine, so genannte „Brüdergemeinden“ bildeten, die sich in vielem von den großen protestantischen Kirchen unterschieden. 

Durch das Verbot dieser Brüdergemeinden durch die Nazis im Jahre 1938 wurden - jetzt erzähle ich von mir - die Nachkommen meines Urgroßvaters Christian Runkel, der ein Mitbegründer und Leiter der Remscheider Brüdergemeinde war, in verschiedene Richtungen verstreut. Etwa die Hälfte von Ihnen schlossen sich aber wieder einer klassischen Brüdergemeinde an, nachdem diese nach 1945 neu gegründet wurde. Ein anderer Teil, zu dem meine Familie gehörte, ging zu den Baptisten.


Mein Vater, der in vielerlei Hinsicht ein treuer "Bruder" geblieben war, hat viele Gruppen und Konferenzen besucht, die nicht von den Baptisten betrieben wurden, sondern auf die eine oder andere Weise noch die alten Weisheiten der Brüder am Leben erhielten. Ich erinnere mich noch daran, wie er von diesen Konferenzen zurückkam und mir halbwüchsigem Jungen erklärte, wie sich ein Zeitalter auf das andere aufbaute und sich daraus erklärte. Ich weiß auch, dass in der brüdergemeindlichen Bibelschule Wiedenest, ein großes Schaubild an der Wand hing, in welchem die sieben Weltzeitalter dargestellt wurden. Man kann es im Internet finden, ich füge es hier an.



Nachdem die Anschauung, man könne die Weltgeschichte anhand solcher schematischen Betrachtungen erklären, jetzt also wieder prominent geworden ist, habe ich viel über diese Betrachtung nachgedacht. Ich erinnere mich daran, dass mein Vater und seine Freunde letztlich daran gehindert waren, aus ihren Erkenntnissen praktische Politik zu machen. Warum? Nach meinem Eindruck hinterlassen alle Erklärungsmodelle immer wieder große Lücken. Am deutlichsten war mir das schon als Kind, als in den historischen Erklärungen meines Vaters, die finstere Zeit des Zweiten Weltkriegs mit seine Millionen Toten irgendwie ausgeklammert wurde. Zwar war sie bedeutend, um die in der Bibel vorausgesagte Rückkehr der Juden nach Israel zu bewirken, aber um die Millionen Toten unter den Juden und unter den Russen – Soldaten und Zivilisten – und gleichermaßen auch unter den Deutschen zu erklären, reichte keine der Theorien aus.


Später lernte ich, dass der Schöpfer des Wiedenester Zeitplans, Erich Sauer, mit den Nazis recht vorsichtig taktiert hat. Wie sollte er eine Katastrophe, gegen die er sich nicht offen aufgelehnt hat, in ein reines und schönes von Gott gelenktes Weltbild einbauen?


Für mich haben alle diese Erinnerungen den Vorsatz bekräftigt, mein Leben nicht unter den Vorzeichen großer Theorien zu verstehen. Mir hat im Gegensatz dazu der Gedanke von Martin Heidegger gefallen, dass wir "Geworfene" sind, die zunächst einmal nur das verstehen, was wir um uns herum vorfinden. Das schließt große letzte Gedanken an einen Sinn der Weltgeschichte aus. Aber es lädt uns dazu ein, den Lebensbereich, den wir gestalten können, mit Sinn und Wärme zu erfüllen - und dort Gott zu begegnen.


Dienstag, 30. September 2025

Zu Charlie Kirk

Eine Übersicht Hier zunächst die Auseinandersetzung von Kardinal Dolan und den Sisters of Charity aus der Catholic Review.

Eine kritische Reaktion von deutscher Seite hat der von mir sehr geschätzte Jesuitenpater Klaus Mertes in der "Zeit" verfasst. Er sagt – mit meinen Worten – dass der Nationalismus von Kirk wie ein Vorzeichen vor der Klammer seiner sonstigen Gedanken steht. In der Klammer mag stehen, was will, der Nationalismus verkehrt alles ins Negative. Hier sein Artikel "Sie haben den Namen des Herrn missbraucht."

Ich bin gegenüber dieser Bewertung kritisch und schätze eher die ebenfalls konservative, aber differenzierte Bewertung von zwei Journalisten der New York Times.

David Brooks stellt – anders als Klaus Mertes – die genuine Religiosität von Charlie Kirk in den Vordergrund. Er hält es für möglich, dass seine Bewegung bessere Politiker als den moralisch fragwürdigen Donald Trump hervorbringt. Er warnt aber davor, dass die neue Religiosität zusammen mit einer ungezügelten politischen Radikalität eine gefährliche Mischung darstellen kann. Er lässt dabei offen, ob es zwangsläufig dazu kommen muss. Ich zitiere aus seinem hier vollständig nachlesbaren Artikel "We Need to Think Straight About God and Politics":

But the events of the past week have proved that this is a genuinely religious movement and Charlie Kirk was a genuinely religious man. The problem is that unrestrained faith and unrestrained partisanship are an incredibly combustible mixture. I am one of those who fear that the powerful emotions kicked up by the martyrdom of Kirk will lead many Republicans to conclude that their opponents are irredeemably evil and that anything that causes them suffering is permissible. It’s possible for faithful people to wander a long way from the cross.

Ross Douthat sieht ebenfalls die Chancen, die ein christliches Revival mit sich bringen kann, warnt aber ebenfalls vor einer religiösen Bewegung, die nur für ihre Stärke und ihren Glauben bekannt ist – aber nicht für ihre Liebe. Auch hier ein Zitat aus dem Artikel "Christianity after Charly Kirk"

And it holds true especially in the religious realm, where there will be no lasting revival unless Christians are known not just for their strength or their belief but for their love.

Samstag, 20. September 2025

Unnützes Wissen

In der New York Times wurde darüber berichtet, dass man Texte, die von der künstlichen Intelligenz erzeugt wurden, daran erkennen kann, dass sie häufig den überlangen Bindestrich verwenden, den "em dash" wie er im englischen heißt (weil er die Breite eines m einnimmt). Der deutsche Fachausdruck ist "Geviertstrich".

Im Deutschen wird dieser überlange Bindestrich fast nie verwendet, wohl der halblange, der im Englischen "en dash" heißt, weil er nur die Breite eines n einnimmt. Im deutschen heißt er dann korrekt "Halbgeviertstrich" und unterscheidet sich durch seine Länge vom einfachen Bindestrich. Auf der Tastatur des Computers lässt sich der überlange Geviertstrich herstellen, indem man die Taste alt drückt und gleichzeitig 0151 eingibt. Der Halbgeviertstrich geht einfacher: strg und gleichzeitig das Minuszeichen der Zifferntatstatur.

Im Deutschen wird der Bindestrich ohne Leerzeichen zwischen zwei zu verbindende Worte gestellt, wie etwa km-Stand, der längere Halbgeviertstrich bekommt dagegen – zur Verstärkung der Wirkung – noch vorne und hinten ein Leerzeichen.

Mittwoch, 10. September 2025

Meine beiden Großväter in Gestapohaft


Erwin Bohle 1897 - 1957
Adolf Runkel 1889 - 1961
Im Jahr 1942 waren meine beiden Großväter für mehrere Wochen in Gestapohaft. Sie hatten eine gemeinsame Aktion unternommen, welche die Aufmerksamkeit der Gestapo erregte. Die beiden hatten einen Brief des gefeierten Luftkämpfers Werner Mölders im Büro des einen – Adolf Runkel – vervielfältigt und in der Baptistengemeinde des anderen – Erwin Bohle – verteilt. Die Aktion sollte das Ziel haben, so erinnerte sich mein Vater, den an den verschiedenen Fronten als Soldaten eingesetzten Söhnen der Gemeinde Mut zu machen, ihren Glauben auch als gute Soldaten und als gute Deutsche zu leben.

Der hoch dekorierte und von den Nazis gefeierte Werner Mölders hatte an einen Freund geschrieben, dass er auch im Krieg an seinem Glauben festhalte und den spottenden ungläubigen „Lebensbejahenden“ ein Beispiel gebe, wie die vermeintlich „lebensverneinenden Katholiken“ im Kampf "seelische Stärke" bewiesen. Die Gestapo hatte diesen Absatz als Kritik am nationalsozialistischen Regime angesehen und im ganzen Reichsgebiet versucht, die Verbreitung dieses Briefes zu verhindern.

Was die Gestapo wusste, die Großväter allerdings nicht, war, dass der Brief eine Fälschung war. Für die Gestapo war es leicht, dies herauszufinden, weil der Adressat des Briefes gar nicht existierte. Zwar hatte Mölders einen ähnlichen Brief geschrieben, der seinen katholischen Glauben bestätigte, der aber die kritische Passage nicht enthielt. Beide Briefe sind im Internet dokumentiert. Mölders war zum Zeitpunkt der Verteilaktion bereits einige Monate tot, nachdem er im November 1941 als Passagier eines Linienfluges bei dessen Absturz nahe Breslau ums Leben gekommen war.

Die ganze Geschichte der Fälschung ist erst viele Jahre nach dem Krieg herausgekommen, als ein Offizier des britischen Geheimdienstes seine Lebenserinnerungen aufgeschrieben hatte. Das geschah in den sechziger Jahren, da waren die beiden Großväter bereits verstorben.

Sie haben bis zum Ende ihres Lebens geglaubt, eine gute Sache vertreten und der deutschen Wehrfähigkeit eher genutzt als geschadet zu haben. Dass sie dafür in Untersuchungshaft genommen wurden, haben sie als großes Unrecht empfunden und haben zusammen mit ihren Angehörigen alles in ihrer Macht Stehende getan, um wieder frei zu kommen. Für den mütterlichen Großvater Erwin Bohle hat seine Frau Lina gekämpft, sie hat sich in den Zug nach Berlin gesetzt, um dort bei dem Gauleiter Wilhelm Bohle vorzusprechen, einem hohen Funktionär in der Nazihierarchie und entfernten Verwandten. Er hat ihr offenbar geholfen, denn in den Akten, die viele Jahre später mein Onkel Manfred Bohle eingesehen hat, steht ein Eintrag, dass der Großvater auf Anweisung von Berlin freigelassen worden sei.

Der andere Großvater kam ebenfalls frei, nachdem sein Bruder Gustav, Mitgesellschafter in der Bauunternehmung der Familie, eine hohe Summe hinterlegt und darauf verwiesen hatte, dass sein Bruder ein dem nationalsozialistischen Denken durchaus nahestehender Mann war. In der Tat war er schon vor dem Jahr 1933 Parteimitglied der NSDAP geworden.

Dass die beiden Männer sich nach dem Krieg über einen gemeinsamen Enkel - für beide der erste - freuen würden, nämlich mich, war 1942 noch nicht abzusehen. Die beiden gehörten unterschiedlichen Freikirchen an, von denen die von Großvater Adolf etwa ab 1938 verboten war, weil sie einige Auflagen der Nationalsozialisten nicht erfüllen wollte. Die Freikirche von Großvater Erwin, die Baptisten, deren Pastor er war (damals sagte man „Prediger“), konnte dagegen die Zeit des Dritten Reiches von den Nazis unbehelligt überleben, war dabei in gewisser Weise auch ein Refugium für Leute von Adolfs verbotener „Versammlung“ und hatte Zulauf von dort. Mein Vater hatte auf die eine oder andere Art und Weise Freunde unter den Baptisten gefunden und hatte 1944 Erwins Tochter Sigrid einen Heiratsantrag gemacht, war damals allerdings von ihr abgewiesen worden.

Erst nach dem Krieg konnte mein Vater den Heiratsantrag wiederholen und wurde erhört, wohl auch deshalb, weil ein Mitbewerber um die Hand meiner Mutter in den letzten Kriegstagen gefallen war.

Die beiden haben schließlich im Januar 1948 geheiratet, ein Jahr später wurde ich geboren, zur Freude auch von Adolf und Erwin.

 

Montag, 18. August 2025

Mein Onkel Johannes Runkel, heute vor 100 Jahren geboren

 

Er war der jüngste Bruder meines Vaters und hat in meinen ersten 20 Lebensjahren immer in der Nachbarschaft gelebt. Als meine Eltern im Jahr 1952 die geräumige Wohnung in der Nordstraße 76 bezogen, wohnte der Onkel mit seiner Frau Hanna in der Etage über uns, später, nach dem Umzug zum Kremenholl, wohnte er mit seiner Familie im Haus nebenan. In der nicht besonders gut schallisolierten Nordstraße konnte ich sein weiches und warmes Klavierspiel durch die Wände hören und lernte bald Glenn Millers „In the mood“ in etwa so zu spielen, wie es der Onkel mir vormachte. Schon recht früh durfte ich an der Jugendbibelstunde teilnehmen, die wöchentlich in seinem Wohnzimmer stattfand. Hier fand ich einen lebendigen Glauben und auch einen festen Freundeskreis. in dem ich bald das Glück kennenlernte, ein Mädchen zu küssen.

Mein Onkel hatte als leibliche Kinder fünf Töchter und als Söhne den adoptierten Michael – und in gewisser Weise auch mich. Viele Leute sagten, ich sei dem Onkel ähnlicher gewesen als meinem Vater. Mir gefiel außer seinem Klavierspiel auch seine Leidenschaft für Bücher, und ich habe schon mit 14 versucht, seinen Rekord zu brechen, den ihr mit „200 Seiten Karl May pro Tag“ aufgestellt hatte. Auch erschien er mir sehr viel sensibler zu sein als mein Vater, obwohl der Onkel stark und stattlich war, einen Kopf größer als mein Vater, und Zeit seines Lebens auch 50 Kilo mehr als dieser wog.

Der Onkel rechts oben,
mit seinen Brüdern und seinen Eltern
Er war noch relativ spät zum Kriegsdienst eingezogen worden und war als Luftwaffen-Funker an der Westfront in französische Gefangenschaft geraten. Er musste lange Zeit im Bergwerk arbeiten, bevor er eine nicht weniger anstrengende Tätigkeit in einem Trockendock in der Normandie bekam. Als er entlassen wurde, war er stark abgemagert und wurde von seiner Mutter mit viel Liebe wieder aufgepäppelt. In dem behelfsmäßig errichteten kleinen Haus meiner Großeltern in einem Dorf bei Wermelskirchen hatte er ein kleines Zimmer, das auch nach seiner Hochzeit und seinem Wegzug noch besonders gehalten wurde. Dass ich bei Besuchen der Großmutter im „Zimmer von Onkel Johannes“ schlafen durfte, war immer ein Vorrecht.

Später ist er mein Chef geworden, was mir den Einstieg in die Bauunternehmung der Familie erleichterte, bei meinem Vater hätte ich nur ungern gearbeitet. Das große und weiche Herz dieses übergewichtigen Mannes machte die Zusammenarbeit gleichzeitig leicht und schwer. Er konnte wunderbar großzügig sein, aber an anderen Tagen auch missmutig und launisch. Einzelne Angestellte im Umkreis seiner Abteilung bildeten sich als Kreml-Astrologen heraus und konnten auf Anfrage mitteilen, ob es ratsam sei, an dem fragliche Tag den Chef mit irgendeinem Wunsch zu konfrontieren.

Er ist früh aus der Firma ausgeschieden, und ich bin ihm wenige Jahre später gefolgt und habe eine kleine Abteilung der Firma zu einem selbstständigen Büro gemacht, von dem ich 35 Jahre bis zu meiner Rente gelebt habe. In seinen letzten Lebensjahren habe ich ihn regelmäßig besucht und bin bei seinem Tod 2003 in tiefen Frieden von ihm geschieden.

Er hat mir viele Erinnerungen mitgegeben, die ich als einen Schatz bewahre und die ich nicht alle öffentlich weitergeben kann – man möge mir hier verzeihen. Er war ein Sünder, und er war als solcher ein Gerechter, ganz wie der berühmte Theologe Karl Barth es sagen würde. Er wollte als Sünder in Erinnerung bleiben und wollte damit Gottes Gnade über seinem Leben zum Leuchten bringen.

Montag, 21. Juli 2025

Ein selbst entwickeltes Rezept

Hier ist eine chinesische Hühnerbrühe, die auf dem typischen Dreiklang Ingwer – Frühlingszwiebeln – Knoblauch aufbaut, aber um einige geschmackliche Zusätze ergänzt ist.


Zutaten:
 

Eine Frühlingszwiebel, in 2 bis 3 cm lange Stücke geschnitten

4 dünne Scheiben Ingwer, in Streifen geschnitten

3 Knoblauchzehen, in Streifen geschnitten

Einige Stängel Koriander, grob gehackt

Einige Stängel glatte Petersilie, grob gehackt 

2 Scheiben Zitronen
1/2 l Wasser

2 bis 3 Teelöffel Hühnerbrühe

2 kleine Tomaten, in Würfel geschnitten

 

Die Gemüse in das kalte Wasser geben und aufkochen, Hühnerbrühe (Pulver) dazugeben und, wenn vorhanden, außerdem einen Teelöffel Umami-Pulver.

Alles zusammen aufkochen und zum Schluss auch die Tomaten hinzugeben. 3 Minuten ziehen lassen.. Mit den Gemüsen in eine große Tasse geben und servieren. Je nach Geschmack die Zitronen und die Ingwerstreifen vorher entfernen.

Guten Appetit!

 

P.S. Ich habe das Rezept anfangs deshalb probiert, weil ich mich an den Koriander-Geschmack gewöhnen wollte. Das ist mittlerweile einigermaßen gelungen.