Mittwoch, 25. März 2009

Koran und Bibel






Vor einigen Tagen las ich ein Jesuswort, welches auch im Koran stehen könnte. Jesus sagt in Lukas 20,47 über die scheinheiligen Schriftgelehrten: Diese werden ein schweres Gericht empfangen. Ganz ähnlich klingende Prophezeiungen finden sich auch im Koran, in dem ja das Weltgericht am Ende der Tage ein zentraler Glaubensinhalt ist.

Im Koran wird die Warnung vor diesem Gericht in Formeln wie ihre Wohnung ist Dschehennam, und schlimm ist die Fahrt dorthin (Sure 66,9) oder in ähnlichen Wendungen, von denen ich unten* einige gesammelt habe, ausgesprochen. Auf den ersten Blick wirkt die Stelle aus Lukas 20 mit solchen Worten verwandt.

Aber auch der Unterschied ist auffällig. Der Satz Jesu ist in einem Gespräch** geäußert, das in ganz alltäglichen Worten geführt wird. Die Sätze des Koran dagegen klingen eher wie Teile einer gottesdienstlichen Hochsprache, eine Liturgie.

Ich dachte beim Lesen daran, daß es neuere Theorien gibt, welche die Entstehung des Islam an christliche Vorformen anknüpfen, darunter besonders die Gottesdienste der syrisch-aramäischen Kirche. Deren liturgische Gesänge hätten, so las ich, schon rein äußerlich Ähnlichkeit mit der singenden Vortragsweise, mit der aus dem Koran vorgelesen wird.

Die Einwände der Moslems gegen solche Theorien, sind nicht so heftig, wie man annehmen könnte. Sie lehren ja, daß der Koran die Bibel enthält, deshalb ist es ihnen nicht fremd, daß jüdische oder christliche Elemente in den Koran eingegangen sein könnten. Ärgerlich für sie sind allerdings die aus der historischen Kritik am Koran hervorgegangenen Zweifel an der traditionellen Entstehungsgeschichte des Korans, die ja eng mit der Person Mohammeds verbunden ist. Daran möchten sie aus verständlichen Gründen nicht rütteln.


Worin besteht der Unterschied zwischen einer liturgischen Sprache und der Sprache des Alltags? In der Liturgie herrscht eine Hochsprache, in der die einfachen Begriffe der Alltagssprache durch vornehmere Worte ersetzt werden. Der Effekt einer "feineren" Sprache kann ja auch im Alltag nachvollzogen werden, etwa wenn man sich bei Tisch einen Teller reichen und nicht geben läßt. Ich hörte, daß es in Japan unumgänglich ist, zwischen mehreren abgestuften Möglichkeiten einer Verfeinerung der Sprache zu wählen, je nachdem wie hoch gestellt die Person ist, mit der man gerade redet.

Wenn es richtig ist, daß der Koran eine feinere Sprache als Ausdrucksform wählt als etwa Jesus in seinen Reden, dann sollte man dies im Gespräch mit Moslems berücksichtigen und sie nicht immer gleich nach konkreten Handlungsvorschriften („Wo ist im Koran das Töten von Menschen verboten?“) fragen. Zu ihnen wird in einer anderen Form geredet als zu uns. Ihr Hören auf den Koran ist immer Gottesdienst, unser Hören auf die Bibel ist dagegen oft ein profaner Akt – worauf wir allerdings auch stolz sind, denn darin zeigt sich nach unserem Glauben ja die vollkommen der Welt zugewandte Seite Gottes.


*Den Missetätern wird wahrlich eine schmerzliche Strafe zuteil sein. (Sure 14,22)

Und der Lohn der Ungläubigen ist das Feuer. (Sure 13,35)

Und allen wird dein Herr sicher ihre Taten vergelten. (Sure 11,111)

Wahrlich, getroffen von einer schmerzlichen Strafe werden jene unter ihnen sein, die ungläubig sind. (Sure 9,90)

Wahrlich, so wird diejenigen unter ihnen, die ungläubig bleiben, eine schmerzliche Strafe ereilen. (Sure 5,73


**Lukas 20, 45 – 47: Während aber das ganze Volk zuhörte, sprach er zu seinen Jüngern:
Hütet euch vor den Schriftgelehrten, die in langen Gewändern einhergehen wollen und die Begrüßungen auf den Märkten lieben und die ersten Sitze in den Synagogen und die ersten Plätze bei den Gastmählern; die die Häuser der Witwen verschlingen und zum Schein lange Gebete halten! Diese werden ein schwereres Gericht empfangen.

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