Freitag, 30. Oktober 2009

Lebensentscheidung mit verbundenen Augen





Der Zahnarzt, der mir heute eigentlich einen Backenzahn implantieren wollte, fand beim Öffnen des Kiefers leider ein großes Loch an der Stelle vor, wo sich früher einmal der echte Zahn befunden hatte. Wider Erwarten hatte sich in den sechs Monaten seit der Entfernung dieses Zahnes kein ausreichendes neues Knochenmaterial gebildet, um ein Implantat aufnehmen zu können.

Ich mußte unter meiner OP-Burka aus Kreppapier, aus deren rautenförmiger Öffnung nur meine Nase und mein Mund herausschaute, innerhalb von Sekunden die Lebensentscheidung treffen, die Sache in einem halben Jahr erneut zu versuchen (und zuvor aus einem anderen Teil des Kiefers Knochenstücke in das fragliche Loch zu übertragen zu lassen, damit dort neue Masse anwachsen kann) oder aber den Plan für ein Implantat aufzugeben und statt dessen zwei gesunde Nachbarzähne abzuschleifen und mit einer Brücke zu überkronen.

Diese Entscheidung mußte also sozusagen mit verbundenen Augen getroffen werden und noch während allerlei Geräte in meinem Mund umher geführt wurden. Ich habe mich für die Wiederholung in einem halben Jahr entschieden und sitze jetzt mit einer dicken Backe, auf welche ich Eisbeutel lege, in der Ecke und lasse das Burka-Gefühl und die durch das Kreppapier stechenden Scheinwerfer des Behandlungszimmers in mir nachklingen. Ob ich mich richtig entschieden habe, darüber kann ich in einem halben Jahr nachdenken, dann erneut mit dicker Backe und Eisbeuteln im Gesicht.




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