Montag, 25. Juli 2011

Sommerserie "Erzählungen der Chassidim" (IV): In der Gerbergasse

Auf einer Wanderung kam Rabbi Levi Jizchak gegen Nacht in eine kleine Stadt, von er niemand kannte. Er fand keine Unterkunft, bis ein Gerber ihn mit sich nach Hause nach. Er wollte das Abendgebet sprechen; aber der Gerbergeruch war so durchdringend, daß er kein Wort über die Lippen brachte. Er machte sich auf und ging in das Lehrhaus, in dem kein Mensch mehr war. Hier betete er nun. Und als er betete, verstand er mit einem Mal, wie die Schechina, die der Welt einwohnende Gegenwart Gottes, ins Exil herabgesunken ist und wie sie gesenkten Hauptes in der Gerbergasse steht. Er brach in Tränen aus und weinte in einem fort, bis sich sein Herz über den Gram der Schechina ausgeweint hatte und er in Ohnmacht fiel. Da erschien ihm die Schechina in ihrer Glorie, ein überstarkes Licht in vierundzwanzig farbigen Stufen, und sprach zu ihm: "Sei stark, mein Sohn! Große Nöte werden über dich kommen, du aber fürchte dich nicht; denn ich werde bei dir sein."


Anmerkung: die „Schechina“ ist hier bereits erklärt, sie leitet sich vom Verb „schachan“ ab, was „niederlassen“ bedeutet. Auch im Koran ist von der im Arabischen ähnlich klingenden „Zekina“ die Rede, der Gegenwart Gottes (u.A. in Sure 2 : 249)

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