In Angelika Neuwirths neuem Buch wird die Geschichte der
islamischen Aneignung der Abrahamsgestalt erzählt. Diese Aneignung ist
geistreich und ungewöhnlich und in der Bewertung von Frau Neuwirth "revolutionär".
Die Entwicklung des neuen Abrahamsbildes der Muslime vollzieht sich in
mehreren Stufen. Der durch Mohammed eingeleitete Rückkehr zum Monotheismus
beginnt in Mekka und hat als eins seiner Zentren die im Koran siebenmal
wiederholte Geschichte, wonach Abraham in seiner Heimatstadt die alten tönernen
Götzen als Machwerk erkennt, sie entlarvt und sie zerstört. Abraham begegnet den Gläubigen als jemand, der eigene kritische Gedanken entwickelt und dann mit Witz und Tatkraft in die
Geschichte eingreift. Anders als beim Abraham der Bibel erfährt der Leser des Korans nichts von desssen Vertrauen in den Gottesruf, der Abraham aus seiner Heimat fort und in ein neues Land führt.