In meinem Boot saß ein dunkelhaariger Einheimischer, mit dem ich ein Weißbrot teilte, eine Art Baguette, indem ich es in der Mitte zerbrach und die Hälfte an ihn weitergab. Zu meiner Überraschung reichte der Fremde mir von der für ihn abgebrochenen Hälfte wiederum eine Hälfte zurück. Das war überaus freundlich und wirkte auf mich wie die besondere Form eines christlichen Abendmahls.
Ich beschloss, nun meinerseits von dem mir angebotenen Viertel die Hälfte an den Fremden zurückzugeben. Ich tat es und erhielt wenig später erneut die Hälfte meiner Gabe von dem Mann zurück.
Während der ganzen Zeit fuhr das Boot in ruhiger Fahrt einen großen Kreis, so dass ich die Stadt am Hang von verschiedenen Seiten sehen konnte. Es war ein Anblick voller Friede und Ruhe – und die Freundlichkeit des Fremden, der so großzügig und selbstlos mit mir teilte, machte das Ganze perfekt.
Begleitet wurde das alles von einer Stimme, die einen Abschnitt aus dem Propheten Jeremia las. Dieser Abschnitt war mir damals - ich bin mir da immer noch sicher - noch unbekannt, ich habe ihn später nachgeschlagen und dann unzählige Male in meinem Leben gelesen. Für mich ist es eine der schönsten Stellen der Bibel.
Aus Kapitel 31,31-34:
Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, mein Bund, den sie gebrochen haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR; sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und ich will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: »Erkenne den HERRN«, denn sie sollen mich alle erkennen, beide, Klein und Groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken.
Heute kann ich sagen, dass mir die Fremdlinge vom Mittelmeer tatsächlich begegnet sind. Zuletzt in der Form eines Palästinensers, den ich als strengen Moslem kenne und gleichzeitig als einen Menschen, der die Frömmigkeit eines Christen versteht. Er hat als Fremdenführer in seiner Heimat viele christliche Gruppen zwischen Nazareth und Betlehem begleitet und ihnen seine Heimat im historischen Samaria gezeigt.
Nun haben ihn italienische Katholiken, die ganz offenkundig seine Sensibilität für den christlichen Glauben erkannt haben, nach Italien eingeladen, wo er über seine Erfahrungen sprechen soll. Als ich ihm gratulierte, schrieb er zurück
„Please
remember that you were the first christian who showed me good understanding of
my faith and introduced me to your german turk brothers.
Honestly
I learned a lot from you.
Today I
am proud I will stand on the italian stage to talk about my experience.
God
bless you dearest brother “