Am 1. Februar 1974 habe ich zu arbeiten begonnen – mit einem Fehlstart. Das Flugzeug, das uns von der Hochzeitsreise zurück nach Deutschland bringen sollte, war vor Beginn der Reise für einen unbestimmten Zeitraum geplant, nach meiner Erinnerung vom 29. Januar bis zum 5. Februar. Kurz vor dem Abflug wurde uns mitgeteilt, dass der Flug nunmehr am 3. Februar stattfinden sollte.
Mein Onkel Johannes Runkel, in dessen Abteilung der Firma unserer Familie - oben sieht man das Logo - ich beginnen sollte, sagte mir nach unserer Ankunft an einem Wochenende am Telefon mit tiefgefrorener Stimme, bei jeder anderen Firma würde mir jetzt wohl wegen unpünktlichem Arbeitsantritt sogleich gekündigt. Aber ich solle kommen. Ich habe dann an einem Dienstag (5. Februar) meinen ersten Arbeitstag gehabt.
Die Voraussetzungen für einen freundlichen Empfang hatten sich schon in den Monaten zuvor verschlechtert. Der Onkel, den ich sehr gerne hatte (ich habe über ihn in diesem Blog geschrieben), lehnte mein Betriebswirtschaftsstudium rundheraus als unnötigen Umweg ab und war nah daran, mich allein deshalb gar nicht erst einzustellen.
Was mir schließlich geholfen hat, seine Zuneigung nach und nach wieder zu gewinnen, habe ich Wochen später auf Umwegen erfahren. Ich hatte in der Vorbereitung auf eine Betriebsratssitzung gesehen, dass die mit dem Schmieren von unzähligen Brötchen beauftragte Mitarbeiterin es nicht rechtzeitig schaffen würde, vor der Sitzung alle Brötchen vorbereitet zu haben. So habe ich mir kurzerhand ein Messer genommen und ihr geholfen.
Das hat man meinem Onkel dann offenbar berichtet und er hat einem seiner Freunde erzählt, dass ihm mein bescheidenes Auftreten gefallen habe. Der Freund erzählte es meiner Mutter, und meine Mutter erzählte es mir. Ich war beim Onkel wieder in Gnaden.
Im Nachhinein sehe ich auch die Kehrseite dieser Geschichte: in der Firma meiner Familie konnte man mit einem bescheidenen Auftreten mehr Respekt gewinnen als mit erfolgreichen Jahresabschlüssen. Die Abteilung, in der ich recht bald Geschäftsführer wurde, hat nicht lange überlebt. Das lag nicht alleine an mir, aber wenn ich meinen Beruf heute noch einmal bei Null anfangen könnte, würde ich versuchen, mein Renommee mehr auf Erfolg und weniger auf menschliche Faktoren zu gründen.
Indem ich dies niederschreibe, kommen mir allerdings Zweifel. Im Rückblick auf 50 Jahre erkennt man einige Grundzüge des eigenen Wesens. Und vielleicht passt das Bild vom Brötchen schmierenden guten Kameraden besser zu mir als das Bild vom knallharten Strategen.
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