Das ist es, was mich am Fußball fasziniert: wie er immer wieder zu einem Spiegel neuer Entwicklungen und Tendenzen in der ganzen Welt wird. Die kluge New York Times sieht das alles aus der kühlen Distanz eines Beobachters, der nach wie vor eher etwas mit Baseball und American Football anfangen kann, die gesellschaftliche Einbindung der großen Massensportarten nach meinem Eindruck jedoch perfekt versteht.
Er habe auf der Pressekonferenz, auf der sich Raymond Domenech verabschiedete, schreibt der bekannte politische Kommentator, Roger Cohen, (Foto) gewalttätige Gefühle gegen den französischen Trainer unterdrücken müssen, so sehr habe ihm dessen anmaßende deconstruction des Begriffs von „Würde in der Niederlage“ mißfallen. Domenech hatte zu erklären, warum er dem Trainer der Gastgeber nach dem Spiel den Handschlag verweigert hatte.
Cohen schließt in seinem Artikel eine sehr hellsichtige Analyse darüber an, was in der Integration des multi-ethnischen Teams der Franzosen schiefgegangen ist, nachdem es noch 1998 bei der für Frankreich siegreichen WM im eigenen Land so überzeugend gelang.
Die Stimmung in Frankreich hat sich verändert, sagt Cohen. „Frankreich wird nicht dadurch geeint, daß man Schleier aus dem Land verbannt“, sagt er und fügt nicht ohne Stolz auf sein eigenes Land und dessen erfolgreiches multi-ethnische Soccer-Team an: „something is working in America that’s dysfunctional in France. I know where I’d rather be an immigrant”.
Am Fußball ist abzulesen, welche Länder lohnenswerte Ziele der weltweiten Migrationsbewegungen sind und welche nicht, muß man folgern. Es ist also doch nicht ganz so verkehrt, in diesen Tagen am Bildschirm zu hängen, und Fußball zu gucken.
Samstag, 26. Juni 2010
WM – mehr als nur Statistik
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