Dienstag, 31. März 2015

Mallorca-Wanderungen (II): Unerwartete Begegnungen



Ernst Jünger hat gesagt, dass die wichtigsten Begegnungen sich oft dann ergeben, wenn man fremde Leute einfach auf offener Straße anspricht. Tief in meinem Herzen wünsche ich mir solche Begegnungen herbei und bin deshalb auch immer recht forsch, wenn es darum geht, mit fremden Menschen in ein Gespräch zu kommen.


Drei schöne Begegnungen habe ich auf diese Weise gehabt. Bei unserer ersten Wanderung sprechen wir ein junges Paar aus Sachsen-Anhalt an, das mithilfe eines Stativs und eines Selbstauslösers ein Foto von sich selbst machen will. Wir bieten ihnen an, dieses Foto für sie von Hand zu machen, kommen ins Gespräch und bekennen uns nach einiger Zeit dazu, sprachlich in der Richtung von Köln beheimatet zu sein. Mein Versuch, dies durch eine etwas kölnisch gefärbte Sprachweise zu unterstreichen, hört ein dritter Wanderer mit und sagt protestierend, nein, man könne sofort hören, dass wir gar nicht aus Köln sein. Woher er denn sei, frage ich ihn. Natürlich ist er aus Köln, und Remscheid kennt er auch, allerdings eher von weitem. Lennep ist ihm ein Begriff. Dort kennt er einen Menschen, nur diesen einen  - und als er den Namen nennt, kenne ich den nicht nur, sondern kann ihm lachend erzählen, dass dieser Mann für viele Jahre einer meiner schwierigsten Kunden war und mich viele Nerven gekostet hat. Ja, dass Gerd S. ein Pingel ist, bestätigt Herr K. aus Köln ebenfalls. Man hat in Leverkusen zusammen gearbeitet und wird in diesem Jahr gemeinsam 75 Jahre alt werden - Herr K. just an diesem Tag, was dann mit Hallo gefeiert wird.
Am Tag darauf sitzt in der alten Straßenbahn von Sóller hinunter zum Hafen ein Mann meines Alters uns gegenüber, der trotz der Hitze einen kleinen Schal trägt und dadurch einen gewissen Hauch von Sensibilität verströmt. Ich biete ihm an, aus dem Fenster heraus eine Apfelsine zu pflücken, was er aber fein lächelnd ablehnt. Er hat gerade mit seiner Frau zusammen eine Wohnung in Palma angemietet und möchte jetzt vier Monate im Jahr in Mallorca leben. Nein, Rentner ist er noch nicht, er wird in Mallorca arbeiten. Er kann an vielen Orten der Welt seine Arbeit verrichten, sagt er. Ob er Maler sei, frage ich ihn, und er bejaht. Ob er seine Bilder auch in Mallorca verkaufen wolle, frage ich ihn weiter, was er aber verneint. Er arbeite mit wenigen großen Galerien in mehreren Ländern zusammen und vertreibe seine Bilder ausschließlich über diese.

Das ist der Moment, wo ich meinen Malervetter Christopher Lehmpfuhl ins Spiel bringe, was wiederum die Augen des Malers leuchten lässt, denn den Vetter kennt er gut und schätzt ihn offenbar auch. Später sehe ich im Internet, dass seine Bilder mit denen von Christopher eine gewisse Ähnlichkeit haben. Beide malen sehr konkret, beide arbeiten handwerklich auf einem sehr hohen Niveau. Ralph Fleck heißt der freundliche Künstler, und was ich später von ihm im Internet sehe (ich lese dort: er ist Professor an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg), lässt mich ahnen, dass ich einem bedeutenden Mann begegnet bin.
Schließlich lernen wir auf dem Weg von Banyalbufar nach Port des Canonges einen weiteren Kunstschaffenden kennen, einen Galeristen aus Münster. Er kommt uns an einer unwegsamen Stelle entgegen und spricht uns an, weil er - selbst noch am Beginn seines Weges - gerne wissen möchte, ob der Weg überall so unbequem ist wie an der Stelle, wo wir uns begegnen. Wir können ihn und seine Frau beruhigen: der Weg ist fast überall breit und eben wie in einem Park.  
Auf dem Rückweg begegnen wir uns dann wieder und kommen ein wenig länger ins Gespräch. Er heißt Simon Nolte und betreibt je eine Galerie in Münster und hier auf Mallorca. Nein, er kennt weder Ralph Fleck noch Christopher Lehmpfuhl, aber er wird sich zu Hause gleich hinsetzen und sich mit den beiden beschäftigen. Seine Bilder bezieht er eher von jungen, noch unbekannten Künstlern, die er gerne fördern möchte. 
Zum Schluss packt er eine große Plastikschachtel mit Margeritas aus und spendet eine Runde. Fröhlich lachend verabschieden wir uns voneinander. Er wird uns die Adresse seiner Galerie in Port Colom mailen. 

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