Kim Strübind gewidmet, der dieses Lied seiner kleinen
Tochter beigebracht hat
Mein Vater |
Ich sehe meinen Vater vor mir, wie er nach dem Abendessen
seinen fünf halbwüchsigen Kindern noch einmal einen grundsätzlichen Gedanken mitteilt.
Mein Vater liebte grundsätzliche Gedanken, und er liebte sie besonders, wenn
sie von ihm selbst stammten und er sie vor einem größeren Kreis von Zuhörern vortragen
konnte.
f r e u ich mich nur i m m e r hin
über meinen g u t e n Hirten
der mich w o h l weiß zu bewirten"
Er machte, von seinem eigenen Vortrag sichtlich angerührt, eine weitere Pause und fuhr dann fort, „Heute dagegen“ – der Vater strich sich sein sauber nach hinten gekämmtes Haar mit einem Ruck in die Stirn und nahm die Haltung eines Protestsängers, wie es sie in den sechziger Jahren vielfach gab, ein – „singen die Leute“ – und nun sang er wirklich, eine einfache grobe Melodie auf nur zwei Töne:
An diesem Abend ging es um den grundsätzlichen Unterschied
zwischen früher und heute. "Früher", sagte der Vater, "sangen
die Leute solche Lieder wie" – und dann machte er eine Kunstpause, um
danach in einem langsamen und getragenen Ton die Worte aufzusagen:
"Weil ich J e s u
Schäflein binf r e u ich mich nur i m m e r hin
über meinen g u t e n Hirten
der mich w o h l weiß zu bewirten"
Jesu Schäflein |
Er machte, von seinem eigenen Vortrag sichtlich angerührt, eine weitere Pause und fuhr dann fort, „Heute dagegen“ – der Vater strich sich sein sauber nach hinten gekämmtes Haar mit einem Ruck in die Stirn und nahm die Haltung eines Protestsängers, wie es sie in den sechziger Jahren vielfach gab, ein – „singen die Leute“ – und nun sang er wirklich, eine einfache grobe Melodie auf nur zwei Töne:
„Herr ....
ich bin ein Ver-sa-ger ....
ich habe Pro-ble-me ....“
und schaute dabei unter den in die Stirn fallenden Haaren so
mitleiderregend in die Welt, dass man Erbarmen haben konnte.ich bin ein Ver-sa-ger ....
ich habe Pro-ble-me ....“
Als nächstes erinnere ich mich daran, dass meine 15-jährige
Schwester Traudi, die sich in dieser Zeit darum bemühte, mit ihrer Gitarre ein
wenig frische Musik in die Gemeindegruppen von Sonntagschule und Jungschar zu
bringen, wutentbrannt aus dem Zimmer lief, mit hochrotem Gesicht. Sie und ihre
Musik hatte der Vater treffen wollen, und es war ihm vollkommen gelungen.
Ich war damals auf der Seite meiner Schwester. Mehr als 40
Jahre später, bin ich mir nicht mehr so sicher. Wenn Kim Strübind heute das
Lied vom Schäflein seiner kleinen Tochter vorsingt, dann hat am Ende wohl mein
Vater gewonnen.
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