Nauen in
Brandenburg
Zwiebelturm der Sankt-Jacobi-Kirche in Nauen |
Fern von Zuhause, auf dem Weg zum Schloss des Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, fand ich in Nauen einen Schlüssel zum Verständnis der Zwiebeltürme in meiner Bergischen Heimat. Am mächtigen Backsteinturm der zentralen Sankt-Jacobi-Kirche las ich auf einem Schild, dass dieser Turm den großen Stadtbrand von 1695 überstanden hatte und danach mit einem neuen „geschweiften barocken Aufsatz“ versehen wurde. Das verstand ich nicht sogleich und musste ein Stück vom Kirchturm weggehen um diesen besonderen Aufsatz sehen zu können. Es handelte sich zu meiner Überraschung um einen gewöhnlichen, wenn auch nicht ganz konventionell gestalteten Zwiebelturm.
Beim Nachforschen
im Internet fand ich über die Geschichte der Zwiebeltürme heraus, dass Sie
möglicherweise aus Italien stammen und dass sie an zwei Orten der Welt
besonders prominent vorhanden sind, in Moskau und im Bergischen Land.
Mir war bis
dahin nicht bewusst, dass die seit frühen Kindertagen vertrauten Türme meiner
Heimat etwas Besonderes sind. Aber laut Wikipedia konzentriert sich ihr Vorkommen
tatsächlich besonders auf den Raum um Remscheid herum. Die Türme in Wuppertal,
Wermelskirchen, Sprockhövel und anderswo sind in einer Zeit entstanden, die man „Bergisches
Barock“ nennt.
In Remscheid
kommen die Türme nicht nur auf den ältesten Kirchen der drei Stadtteile vor, sondern
auch auf dem relativ neuen Rathausturm aus dem Jahr 1905. Letzterer bestimmt in
besonderer Weise die Silhouette der auf einem Berg liegenden Innenstadt von
Remscheid und ist weit ins Land hinein sichtbar.
Auf dem Weg
zur Schule bin ich viele Jahre am Rathaus mit seinem Turm entlang gegangen und
habe ihn anfangs noch in der von Weltkriegsbomben zerstörten Form gesehen. Ich
habe an die Bauzeit keine Erinnerung mehr, sehe aber noch deutlich den ausgebrannten
Turm ohne das in den 50er Jahren erneuerte Dach mit seinem Zwiebelturm vor
mir.
Manchmal überlege
ich mir, wie wohl mein Denken durch das doppelte Vorhandensein eines Zwiebelturms
geprägt worden ist, eines geistlichen und eines weltlichen gewissermaßen.
Kirche und Stadt schmückten sich mit demselben Symbol – und beide waren mir gleichermaßen fremd. Für mich als in einer Freikirche geborenen und gleichzeitig unpolitisch
erzogenen Menschen waren beide Symbole Teile einer fremden Macht, die nicht
unmittelbar auf mich einwirkte. Zur alten Stadtkirche von 1750 ging ich nur einmal
im Jahr zum Reformationsgottesdienst der Schule, zum Respekt gebietenden Rathaus
hatten meine Eltern offenkundig keine Beziehung, ich also auch nicht.
In Nauen
fand ich, dass die Remscheider Zwiebeltürme sehr viel schöner sind als derjenige
von Nauen. Der Grund ist einfach - die Türme, auf denen die Zwiebeln stehen, sind
in Remscheid beide schlanker als der Turm von Nauen, so dass die Zwiebeln
jeweils deutlich über den Turmrändern zu sehen sind. In
Nauen dagegen musste man die Zwiebel auf einen sehr breiteren Sockel setzen,
weshalb man sie gewissermaßen fest aufgestoßen und nach unten ein wenig gequetscht
hat. So sitzt sie eher wie eine brütende Henne als eine Zwiebel auf dem Turm
und deckt mit ihren eigenartigen unteren Ausläufern die breite Dachfläche des
Turmes vollständig ab.
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