Dieses Wort, welches für das Jahr 2020 als biblisches Losungswort der
Kirchen* ausgesucht wurde, hat mich angenehm berührt, als ich es vor vielen Jahren zum ersten Mal
gehört habe. Ich muss damals schon halbwegs erwachsen gewesen sein, denn solche
Worte wurden nach meiner Erinnerung den Kindern in unserer Kirche nicht
vorgelesen.
Vermutlich hat man sie ihnen vorenthalten, weil diese Worte viel zu offen über den Unglauben sprechen. Aber gerade das hat mir wiederum dann gefallen.
Vermutlich hat man sie ihnen vorenthalten, weil diese Worte viel zu offen über den Unglauben sprechen. Aber gerade das hat mir wiederum dann gefallen.
Der Unglauben wird ansonsten in der Bibel in vielfältiger
Weise getadelt. Hier an dieser Stelle wird er aber als eine den Menschen
gegebene Denkweise vorausgesetzt – und überwunden (nachzulesen im
Markus-Evangelium im 9. Kapitel).
Mir gefiel damals die recht freie Rede über den Unglauben, weil auch mir der Unglauben nicht fremd war und es bis heute geblieben ist, auch wenn ich mich mein Leben lang als gläubig verstanden habe.
Wo kommt der Glaube her? Für viele moderne Menschen ist der
Glaube das Endprodukt einer längeren logischen Prüfung, an deren Ende man sich für oder
gegen den Glauben entscheidet. Es ist wie beim Wetter: man studiert die
Wetterdaten und sagt am Ende "ich glaube, dass morgen gutes Wetter sein wird
und ich wandern gehen kann". Genauso studiert man die unterschiedlichen Aussagen
über den christlichen Glauben und entscheidet sich am Ende in einem souveränen individuellen Akt dafür oder dagegen.
Aber kann das Produkt dieser souveränen Entscheidung ein Glaube
sein? Ich fürchte Nein. In der Erinnerung vieler menschlicher Kulturen ist
der Glaube etwas, was den Menschen von Gott geschenkt wird. Er ist wie ein
Licht, das in uns hinein gelegt wird und das, wenn es sich weiter entwickelt,
auf das Licht Gottes Antwort geben kann.
Diese ältere Vorstellung ist um das Jahr 1800 noch sehr
lebendig gewesen.
Wär nicht das Auge sonnenhaft,
die Sonne könnt es nie erblicken.
Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
wie könnt uns Göttliches entzücken?
Das ist Goethe. Auch der Mensch, der im Markus-Evangelium
Jesus bittet "hilf meinem Unglauben", hat zuvor bekannt, dass er
bereits glaubt. Ganz verwunderlich ist das nicht, weil mit Jesus ein starke
Gottespräsenz neben ihm steht.
Auch der heutige Unglauben kann darum bitten, durch den
bereits vorhandenen Glauben ergänzt oder ersetzt zu werden. Für heutige
Menschen heißt es möglicherweise „ich glaube ein kleines bisschen, hilf mir,
dass es wächst.“
Ich ergänze: in meinem Alter betet man dann „ich glaube ein
kleines bisschen, hilf mir, dass es bis zu meinem Lebensende durchträgt - und darüber hinaus.“
* von einem ökumenischen Arbeitskreis bestimmt
1 Kommentar:
...feine Gedanken, ich bin sicher Dein Glaube wird bis zum Schluss halten..... danach bin ich mir eher unsicher ��
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