Freitag, 1. Januar 2010

Der Weg des Trauens





Der Weg des Trauens ist der Titel eines neuen Buches des katholischen Theologen Norbert Baumert. Es ist der dritte Band seiner Serie Paulus neu gelesen und legt den Galater- und Philipperbrief aus.

Der zentrale Gedanke des Buches rührt an die Jahreslosung 2010 heran:

Euer Herz erschrecke nicht. Glaubt an Gott und glaubt an mich.
(Johannes-Evangelium 14,1)

Baumert übersetzt in den Paulusbriefen das hier zweimal benutzte Wort pisteuo, (zu pistis, das Vertrauen, der Glaube gehörend) durchgängig mit trauen, nicht wie in den meisten anderen Übersetzungen mit glauben. Für diese Wortwahl spricht, wenn ich die verschiedenen Kommentare und Nachschlagewerke richtig verstehe, daß es nicht nur eine mögliche Widergabe von pisteuo / pistis ist, sondern vermutlich die einzige, die dem Verständnis eines griechischen Zeitgenossen des Paulus wirklich entsprechen würde.

Im Vergleich mit Trauen hat sich unser Begriff von Glauben erst sehr viel später entwickelt und hat sich dann in den 2000 Jahren nach Paulus außerdem auch so weit verändert, daß er von dem schlichten Vertrauen, das in pisteuo gemeint ist, weit entfernt ist. Für uns ist Glauben ja vielfach ein bewußter intellektueller Akt, der uns einen gedanklichen Zugang zum Bereich des Göttlichen erschließen soll. Baumert liest dagegen aus dem Galaterbrief heraus, daß es hier nicht um das geistige Erkennen und Entscheiden, sondern um das innere Vertrauen des Menschen geht.

Als Besonderheit seiner Interpretation hebt er etwas Zweites heraus, daß sich nämlich das Vertrauen des Menschen auf ein anderes, dem menschlichen Vertrauen vorausgehendes Geschehen stützen kann: auch Gott vertraut, und zwar überraschenderweise dem Menschen.

So jedenfalls versteht Baumert die Stelle in Galater 2,16, in der es heißt, daß der Mensch gerechtgesprochen wird nicht aufgrund von Werken sondern dia pisteos Jesou Christou / durch das Trauen Jesu Christi. Er liest hier einen Genitiv (so wie es auch die Fußnote zu diesem Vers in der Elberfelder Bibel tut), also nicht Trauen auf Jesus und nicht Glauben an Jesus (wie bei Luther), sondern das Trauen Jesu, das also als erstes von Jesus ausgeht und erst als zweites im Trauen des Menschen seine Antwort findet.

Von diesem Grundgedanken aus entwickelt Baumert eine freundliche, im Frieden mit der jüdischen Tradition des Paulus stehende Auslegung. Er nimmt dem Galaterbrief, der häufig gegen den jüdischen Glauben und seine vermeintliche Fixierung auf kalte Gesetzlichkeit gewendet wird, jede antijüdische Spitze. Das alte mosaische Gesetz ist gut, mag es auch manchmal wie ein Kerker sein, mag es in der Konsequenz sogar das Todesurteil für alle Menschen enthalten. Jesus hat es nicht aufgehoben, er hat es erfüllt, und zwar in letzter Konsequenz dadurch, daß er das Todesurteil des Gesetzes stellvertretend für alle Menschen auf sich nahm.

Und er hat das, was dem Gesetz nicht möglich war und was mit der Herausgabe des Gesetzes auch nicht beabsichtigt war, für alle Menschen bewirkt: die Offenbarung von Gottes Barmherzigkeit und seiner Bereitschaft, die Sünden der Menschen zu vergeben. Schon im Alten Testament wird diese Bereitschaft in vielfältiger Weise ersehnt und erbeten, insofern ist die Bibel der Juden auch nicht kalt-gesetzlich.

In Jesus kommt die Bereitschaft zur Gnade allerdings erstmals in Vollkommenheit zum Durchbruch, und Paulus nennt diese Freundlicheit Gottes, wenn Baumert Recht hat, das Trauen.

Ich wünsche allen meinen lieben Lesern, daß sie die verschiedenen Wege des neuen Jahres und neuen Jahrzehntes in der zuversichtlichen Haltung des Trauens gehen können. Uns geht vom Himmel eine Zusage des Trauens voran, warum sollten wir da nicht mit unserem Vertrauen antworten?







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