Samstag, 20. August 2011

Die Ordnung der Dinge


Ich habe eine Woche Remscheid-Urlaub dazu genutzt, meine Bücher zu sortieren.  Die alte Grundordnung wurde wieder hergestellt, aber modifiziert. Dabei haben einige von mir besonders geschätzte Autoren besonders schöne Plätze bekommen – in Augenhöhe etwa, oder in Griffweite meines Schreibtisches.

Nachdem ich fertig war, habe ich ein wenig Statistik getrieben. Etwa: wer ist der am meisten vertretene Autor? Antwort: von der Länge ihres Regalplatzes her kommt der produktive Walter Kempowski an die erste Stelle: seine Bücher nehmen genau 1 m Regal in Anspruch. Der ebenfalls produktive John Updike liegt mit 96 cm knapp dahinter. Von beiden habe ich seit den 80er Jahrem jede Neuerscheinung gekauft und ihr Schreiben bis zu ihrem Tod in den Jahren 2007 (Kempowski) und 2009 (Updike) aufmerksam verfolgt. Von Kempowski habe ich zwei handsignierte Bücher in der Sammlung, eines davon in seinem Haus in Nartum erworben, wo ich im Dezember 2005 an einem der Tage teilgenommen habe, an denen er dieses Haus der Öffentlichkeit zeigte.
Mit einigem Abstand folgen die Klassiker Thomas Mann (78 cm) und Goethe (49 cm), bei beiden ist in der Zahl auch Sekundärliteratur enthalten. Ernst Jünger (46 cm, auch ihn habe ich 1988 persönlich kennengelernt) und Tolstoi (46 cm) kommen auf die Plätze 6 und 7, gefolgt von dem irischen Dichter Colm Toibin (geb. 1955), dessen Romane ich vollzählig habe (35 cm). Ein Buch, das er mir 2002 in Bonn signierte, habe ich verschenkt, aber gesprochen habe ich ebenfalls mit ihm. Toibin und sein Platznachbar Josef Ratzinger (31 cm) sind die einzigen noch lebenden Autoren in der Reihe, gefolgt von Marcel Proust (26 cm in Paperback - ob man eine gebundene Ausgabe kaufen sollte?) und W.G.Sebald. Auch seine 23 cm umfassen fast sein gesamtes schmales Werk. Er stammte aus dem Allgäu und lebte seit seiner Studentenzeit in England, wo er auch 2001 bei einem Autounfall verstarb.
De Aufzählung wäre unvollständig ohne den Raum, den die Bibeln einnehmen: 178 cm. Es sind etwa 20 unterschiedliche Ausgaben, einschließlich der Urtexte in Hebräisch und Griechisch, von denen mir die interlinear übersetzten Exemplare natürlich die liebsten sind.  Übrigens habe ich auch das Neue Testament in einer hebräischen Übersetzung, aus der ich mir gerne das Vaterunser vorlese, es klingt wie das Aramäische, das Jesus gesprochen hat: Avi'nu schew schamajim, jitqadasch schem’cha. Die griechische Übersetzung des Alten Testamentes, die Septuaginta habe ich von meinem Vater geerbt, nebst großer Konkordanz dazu.
Insgesamt addieren sich die Bücher in meinem Arbeitszimmer auf 38 m, zusammen mit 12 m Büchern der B-Liste, die etwas oberflächlicher geordnet im Keller stehen (darunter eine Reihe von sehr guten Büchern, besonders Lexika, die der Wikipedia-Konkurrenz zum Opfer fielen) sowie den Reisführern im Schlafzimmer (2 m) und einigen ungeordnet in verschiedenen Zimmern stehenden anderen Büchern addiert sich das Ganze auf etwa 60 m. Rechnet man durchschnittlich 2,3 cm pro Buch, dann besäße ich rund 2.600 Bücher. Man wird mit dem schrittweisen Verkauf sein Alter finanzieren …
Welches Buch ich (neben der Bibel) als einziges mit auf eine einsame Insel nehmen würde? An Tolstois Krieg und Frieden denke ich als erstes, aber auch an Updikes Autobiographe Self-Consciousness, oder auch an den ganzen Proust, wenn der als  e i n  Buch angerechnet würde. Von Thomas Mann nähme ich den Doktor Faustus, von Goethe den Werther, von Ratzinger das erste Jesusbuch und von Toibin The Heather Blazing mit. Aber auch die große Brief- und Tagebuchsammlung Echolot von Kempowski käme in die engere Auswahl, so wie Naipauls Enigma of Arrival und Sebalds Austerlitz.
Das erwähne ich aber nur für den Fall, daß der geneigte Leser dieser Zeilen noch auf der Suche nach einem guten Buch für den bevorstehenden Urlaub ist.

3 Kommentare:

KHS hat gesagt…

Ganz furchtbar lapidare Frage: ist die Couch weg?

Christian Runkel hat gesagt…

Gut beobachtet, Lieber! Ja, es ist ein Schränkchen an die Stelle gerückt. Das Sofa steht jetzt im Wohnzimmer.

Peter Oberschelp hat gesagt…

Im Augenblick bin ich damit beschäftigt, mein Bücherzimmer leer zu räumen, da auf Druck meiner Frau der Fußboden ausgetauscht werden soll. Vielleicht gelingt mir anschließend eine Ordnung, die einen Stellmetervergleich erlaubt. Zwei Schwierigkeiten zeichnen sich allerdings ab. Zum einen steht im Wohnzimmer, ebenfalls recht wirr durcheinander, noch einmal die gleiche Menge, und hier wird der Fußboden nicht erneuert, und zum anderen verfüge ich über einige umfängliche Gesamtausgaben, von denen ich aber so gut wie nichts gelesen habe, z.B. Aleksander Blok. Sebald wird natürlich einen prominenteren Platz erobern, da ich zusätzlich über Sekundärliteratur und auch über Übersetzungen ins Katalanische, Polnische u.a. verfüge.