Sonntag, 11. September 2011

Gang auf dem Puflatsch



Uns Herzpatienten wird empfohlen, alles das zu suchen, was das Herz weit macht. Wir sollen alte Vorurteile aufgeben, den Menschen mit Offenheit begegnen, singen, glauben, kurz alles tun, was das Herz aus seiner Enge herausführen kann. Man sollte deshalb den Gang auf dem Puflatsch ärztlich empfehlen und von der Krankenkasse subventionieren lassen, denn hier, in dem auf rund 2.000 m Höhe gelegenen Nordbereich der Seiser Alm wird das Herz so weit wie sonst nur auf den höchsten Gipfeln der Alpen.
Der Panoramaweg rund um den Puflatsch, „Cammino circolare del Bullaccia“, läßt uns die ganze Zeit auf Augenhöhe sein mit den schönsten Bergen desjenigen Alpengebietes, das vielleicht überhaupt die meisten schönen Berge der Alpen hat, den Dolomiten. Die "Aussichtskanzel der Seiser Alm" wird der Puflatsch genannt.
Der Blick auf der Ostseite des Puflatsch geht vom markanten Plattkofel mit seiner glatten, an eine Seezunge erinnernden schrägen Südwand bis zu den Geislerspitzen oberhalb des Luis-Trenker-Ortes St. Ulrich im Grödnertal. Dazwischen kann das Auge sich an der Symmetrie der Sellagruppe erholen, die von der Seiser Alm aus gesehen, wie ein großer, zweistufiger Block mit einer riesigen ebenen Gipfelfläche wirkt, Altar eines fernen und furchterregenden Gottes. Weit unten sieht man die Orte des Grödnertals („Val Gardena“), ganz oben das Dorf Wolkenstein des mittelalterlichen Minnesängers Oscar von Wolkenstein. Nach Norden liegt hinter dem Grödnertal das Villnößtal, Heimat von Reinhold Messner, nach Westen der Ritten, oberhalb von Bozen, und bei schönem Wetter kann man noch weiter westlich bis in die Schweiz sehen.
In der Arnikahütte spielte ein alter Tiroler auf seinem Knopf-Akkordeon, eine größere Gesellschaft saß um ihn herum und sang mit ihm das Tiroler Heimatlied „… bis zur Salurner Klaus“. Nein, Tiroler seien sie nicht, sagte mir einer der Sänger in breitem Schwäbisch, sie seien eine Freizeitgesellschaft der Liebenzeller Mission, und das Tirolerlied hätten sie schon in der Jungschar gesungen. Große Freude als ich mich als glaubensverwandter „Baptischt“ vorstellte.
Der Akkordeonspieler gehörte zu der aussterbenden Art von Musikern, die ein langes Berufsleben mit der Kennntnis von nicht mehr als zwei Akkorden überleben. Er spielte tatsächlich nur den Grund- und den Dominantakkord, selbst Wechsel in andere Tonarten umspielte er mit den beiden Akkorden so selbstbewußt, daß man meinte, so wäre es wohl richtig.
Abends Kirchfest in Seis, grobe Tische und Bänke um die Kirche herum, Buden und eine Festbühne . Darauf zwei Männer in Lederhosen und  eine Sängerin in Hotpants. Die Musik entsprechend eine Mischung aus Heimat- und Weltklängen.

1 Kommentar:

Peter Oberschelp hat gesagt…

Wen befällt da nicht the German Wanderlust*!

*Wanderlust é uma expressão derivada do alemão: ‘wandern’, ‘a vagar’, e ‘Lust’, ‘desejo’. É comumente definido como um forte desejo de viajar, ou de ter um forte desejo de explorar o mundo.