Wenn man erfährt, wie brutal die Italiener nach 1918, also nach der Auflösung der k.u.k Monarchie und dem zwangsweisen Anschluß Südtirols an Italien, den Anspruch auf Zweisprachigkeit in Südtirol durchgesetzt haben, wird einem beim Lesen von Schildern, die auch noch der hinterletzten Wiese einen zweiten, italienischen Namen geben, heute noch unwohl. Vorangetrieben wurde die Italienisierung durch Ettore Tolomei (1865 – 1952), einen italienischen Nationalisten. Luis Trenker ist ihm einmal begegnet und fand zu seiner Überraschung einen kleinen blonden und blauäugigen Herrn mit feinen Manieren vor, vom Typ her „eher wie ein österreichischer Mittelschulprofessor“. Dieser Mann also führte in Südtirol das italienische Wesen ein.
Seine Idee war es auch, die neu hinzugewonnene Provinz „Alto Adige“ zu nennen, Oberetsch. Die Etsch – in der ersten Strophe unserer Nationalhymne als Teil Deutschlands reklamiert – fließt vom Reschenpaß über Meran, Bozen und Verona und mündet nach 415 km Flußlauf bei Porto Fossone in die Adria, wobei sich Teile des am Ende trägen Flusses in ähnlicher Weise mit dem Delta des Po verbinden wie Rhein und Maas in Holland. Das in Südtirol ungeliebte Kunstwort „Oberetsch“ klingt etwa so wie „Oberelbe“ für die Tschechen klingen würde, wenn man ihr Land, der Logik der Flußgebiete folgend, Deutschland zuschlagen würde.
Gestern gab die prächtige Kastelruther Blaskapelle auf dem Schulhof der Mittelschule ihr jährliches Konzert. Die Stücke wurden jeweils ausführlich angekündigt, was durch die obligatorische Übersetzung ins Italienische sehr langatmig wurde. Den immer noch vorhandenen latenten Widerstand gegen diese lästige zweite Sprache spürte man leise heraus, als der Sprecher (in einem sehr deutsch klingenden, hölzernen Italienisch) uns allen noch eine schöne Urlaubszeit in Südtirol wünschte. In der Übersetzung kam nach „auguriamo“ und „bella“ und „vacanza“ dann das deutliche Wort „Sudtirol“ mit u, nicht „Alto Adige“.
Recht so! Was Deutsch ist, soll es auch bleiben.
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