Prof. Khorchide |
Im Folgenden gebe ich drei Links zu Beiträgen einer Diskussion weiter, die momentan die Gemüter der deutschen Muslime bewegt. Es ist ein Blick hinter den Vorhang, der Christen und Muslime für gewöhnlich trennt. Aber er zeigt etwas auf, was in ganz ähnlicher Form auch immer wieder einmal unter Christen diskutiert wird.
Im Einzelnen: am 23. Februar berichtete die „Islamische Zeitung“ über die Äußerungen dreier hochrangiger Moscheenvertreter, die dem an der Universität Münster für die Ausbildung von Islam-Religionslehrern an deutschen Schulen zuständigen Professor Mouhanad Khorchide vorwerfen, eine zu weiche Definition des Begriffs „Moslem“ zu vertreten. „Es gehört zu den fundamentalen Bestandteilen des Islam,“ so schreiben die Moscheevertreter, „an Gott und Seinen Propheten zu glauben und diesen Glauben mit der Praxis zu unterfüttern. Der alleinige Glaube bringt keinen Nutzen.“
Khorchide setzt sich dagegen in einer Klarstellung auf den Internetseiten der Uni Münster zur Wehr und nennt darin eine seiner Kernaussagen, die im Zentrum der Auseinandersetzungen steht: „Nach der oben dargestellten Definition des Islam ist jeder, der sich zu Liebe und Barmherzigkeit bekennt und dies durch sein Handeln bezeugt, ein Muslim, auch wenn er nicht an Gott glaubt.“
Khorchide hat zuvor einiges über die Hinwendung des Menschen zu Gott gesagt, hat die „Vorstellung einer dialogischen Gott-Mensch-Beziehung, die auf Liebe und Vertrauen basiert“geschildert und die alte Aussage hervorgehoben, dass der Koran auch solche Leute wie Abraham, Noah und auch Jesus als Muslime anerkennt, auch wenn sie de Propheten Mohammed noch nicht kennen konnten und wenigstens zwei der Säulen des Islams (Fasten und Pilgerfahrt) deshalb gar nicht einhalten konnten.
Entsprechend fordert Khorchide auch für die Menschen, die nicht vollständig über den Islam informiert wurden, eine besondere Behandlung im Weltgericht. „Es würde dem Prinzip der göttlichen Barmherzigkeit widersprechen, wenn Gott Menschen, die ein verzerrtes Bild von ihm bzw. vom Islam haben, in die Hölle schicken würde.“
Dagegen schreiben nun die Moscheenverteter einen weiteren offenen Brief, in welchem Khorchide vorgeworfen wird, muslimischem und nicht-muslimischem Handeln den gleichen Rang zu geben. „Wir können [die durch die islamische Offenbarung vorgegebene] Rechtleitung nicht auf dem Altar des modernistischen Zeitgeistes opfern, um über eine konstruierte Bedingungslosigkeit göttlicher Liebe jedes menschliche Handeln als gleichgewichtig zu deklarieren. Die von Ihnen gewählten Formulierungen bergen aber die Gefahr einer solchen missverständlichen Deutung.“
Im weiteren Verlauf der Argumentation bezieht der Verfasser (Dr. Zekeriya Altuğ, Vorsitzender von DITIB-Nord) auch Überlegungen aus der christlichen Theologie ein und sagt. „Kein christlicher Theologe wird behaupten wollen, es reiche aus, sich nächstenliebend zu verhalten, um Christ zu sein. Erlauben Sie mir bitte dann auch, dass ich an islamische Theologen einen ähnlichen Anspruch erhebe.“
Es lohnt, die drei Artikel im Einzelnen zu lesen. Sie enthalten weitere sehr differenzierte Betrachtungen. Die Argumentation wird auf einem hohen und gleichzeitig menschlichen und respektvollen Niveau geführt.
1 Kommentar:
Kein christlicher Theologe wird behaupten wollen, es reiche aus, sich nächstenliebend zu verhalten, um Christ zu sein: Nächstenliebe wurde in der Französischen Revolution in Fraternité umgetauft und ist in der gegenwärtigen säkularen Politik als Solidarität vertreten. Sie ist damit in der Tat kaum ein hinreichendes Erkennungsmerkmal.
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