Zum Frieden gehörte wohl auch, dass er sich dem Willen des
Vaters darin gebeugt hatte, dass er eine Ehe eingegangen war. Diese war aber offenbar nur der Form
halber geschlossen worden. Friedrich und seine Frau Elisabeth Christine haben
nur in den vier Rheinsberger Jahren unter einem Dach gelebt. In Berlin und
Potsdam hatte später jeder ein Haus für sich.
Das Rheinsberger Haus hat Friedrich später seinem jüngeren
Bruder Heinrich geschenkt, dessen Erinnerung hier in Rheinsberg sehr viel lebendiger
ist als die Erinnerung an Friedrich. Heinrich hat mit Unterbrechungen fast 50
Jahre hier gelebt und ist auch hier gestorben. Auch er hatte nur auf Wunsch des
Vaters geheiratet, auch er „machte sich nichts aus Frauen“ wie Theodor Fontane
schreibt.
Ob auch Heinrich in Rheinsberg glücklich gewesen ist, ist
nicht ohne weiteres zu beantworten. Die Museumsdiener, die heute das Schloss
beaufsichtigen, sind, wie ich in verschiedenen Gesprächen mit ihnen feststellen
konnte, allesamt Anhänger des Prinzen Heinrich und haben dessen Theorien
übernommen, wonach die Feldzüge Friedrichs des Großen von ganz anderen Menschen
bestimmt und gewonnen wurden als Friedrich das nach seinen Schlachten gerne selbst
erzählt hat.
Rheinsberg ist nach dem Tode des alten Fritz (1786) ein
Zentrum für seine Kritiker geworden. Es waren nicht wenige, und Heinrich, der
seinen älteren Bruder um 16 Jahre überlebte, hat dieser Kritik einen
prominenten Platz gegeben, indem er im Schlosspark einen Obelisken mit den
Namen von 28 Offizieren aufgestellt hat, die in den Kriegen Friedrichs des Großen
bedeutende Rollen gespielt haben.
Friedrich selbst fehlt, dafür ist aber sein Bruder August
Wilhelm erwähnt, der einer von Friedrichs Generälen war und der von diesem einmal
vor versammelter Mannschaft verbal so gedemütigt wurde, dass der arme Mann kurz
darauf vor Gram starb. Immerhin gab Friedrich der Familie von August Wilhelm
die Ehre, dass mit dessen Sohn Friedrich Wilhelm der nächste König bestimmt
wurde. Man hätte auch Heinrich zum König machen können, sagten mir die
Bediensteten im Schloss und machten auch deutlich, dass dies wohl die bessere Wahl
gewesen wäre.
Friedrich und Heinrich liebten die Frauen nicht, liest man
bei Fontane, der in Bezug auf Heinrich ergänzt, dass er auch den Wein nicht geliebt
hat. Solche lapidaren Sätze dokumentieren eine Einstellung zur Homosexualität,
die spätestens dann nicht mehr möglich wurde, als in der Zeit Fontanes, also um
die Mitte des 19. Jahrhunderts dieser Begriff erstmals entwickelt und zu einem
medizinischen Sachverhalt gemacht wurde.
Ein evangelischer Theologe, der sich sehr für die Rechte
Homosexueller einsetzt, möchte das Wort am liebsten nicht benutzen, weil es
sich so nach weißem Kittel und Pinzette anhört, wie er sagt. Ich finde das
verständlich, kann allerdings der Anklage des Mannes, die Menschen hätten die
Homosexuellen jahrhundertelang grausam verfolgt, nicht durchgängig
nachvollziehen. In Rheinsberg war das, was man damals weder als Homosexualität
verstand noch so nannte, in ein breiteres Verständnis von menschlichen
Eigenarten eingepackt. Dass jemand die Frauen nicht liebt und nicht den Wein –
was geht das die anderen an?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen