Montag, 1. November 2010

Der Weg nach Friedenberg




Heute habe ich einen Vorsatz vom vergangenen Sommer wahrgemacht. Ich wollte kreuz und quer durch das Landschaftsbild wandern, das mein Vetter Christopher Lehmpfuhl in der Nähe von Wermelskirchen gemalt hat und das mittlerweile in meinem Wohnzimmer hängt. Es zeigt das bewaldete Tal der Dhünn und die runden Hügel in der Nähe des Dorfes Bockhacken südlich des Baches. Das Bild ist an vielen Stellen trotz seines dicken Farbauftrages wundersam detailgenau, so daß man Wege, Wiesenstücke und einzelne Häuser ohne Probleme in der Natur wiederfinden kann (hier ein Foto von Böschung, Hecke und Wiese am linken Rand des Gemäldes).

Auf dem höchsten Punkt des Bildes angekommen, dem runden Hügel im rechten Hintergrund fand ich zu meiner Überraschung ein Hinweisschild zur Hofschaft Friedenberg, einer kleinen Ansiedlung, die in der Geschichte meiner väterlichen Familie in der Zeit des zweiten Weltkrieges eine wichtige Rolle gespielt hat. Mein Großvater Adolf Runkel hatte sich dort in den 30er Jahren eine kleine Blockhütte als Wochenendhaus errichtet und konnte sie 1943 nach der Bombardierung von Remscheid, in der des Großvaters Haus zerstört wurde, lange Zeit als Notunterkunft nutzen. Viele Geschichten meiner Familie spielen im Umkreis dieser Hütte, und ich freue mich, daß Christophers Bild mich jetzt indirekt auch an diesen Ort erinnert, der besonders für meine Großmutter ein wirklicher Friedensort gewesen sein muß.


Überraschend treffen wir auf dem runden Hügel, einer Anhöhe mit Funkmasten, meinen Vetter Paul Gerhard Runkel, der mit seiner Familie auf dem Weg nach Friedenberg ist. Auch sein Großvater Paul Runkel hatte hier ein kleines Häuschen, ebenso wie der dritte Bruder Gustav, und alle drei Häuser stehen, teilweise an- oder umgebaut und lange schon in fremden Besitz, noch heute. Wir müssen uns mit etwas Gewalt voneinander verabschieden, weil der Strom der gemeinsamen Familiengeschichten an diesem Ort kaum zu unterbrechen ist.


Meine Großmutter hat den Enkeln immer wieder von wundersamen Erfahrungen in der Notzeit erzählt. Für mich als Kind war der Gipfel aller Wunder die Geschichte von den Schuhsohlen meines Großvaters. Er sei häufig zwischen Friedenberg und dem etwa 15 km entfernten Remscheid zu Fuß hin und her gegangen (für uns Kinder schon Wunder genug), ohne daß jemals in der Folge auch nur ein Millimeter seiner Schuhsohle verschlissen gewesen sei. Leder für neue Schuhsohlen war damals kaum aufzutreiben, so daß die Großmutter dieses Wunder sehr viel höher veranschlagte als etwa die wundersame Vermehrung der Lebensmittelvorräte, zu welcher der überaus hilfsbereite Bauer Felder, dessen Enkel Matthias heute den Hof in Friedenberg bewirtschaftet, immer wieder seinen Beitrag leistete.





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