Donnerstag, 10. November 2011

Zehn kleine Weisheiten (Zusammenfassung aus meinen Facebook-Posts)



In Facebook habe ich im Oktober 2011 zehn kurze Sätze veröffentlicht, jeden zweiten Tag einen. Sie sind mir alle irgendwann einmal als gute Ratschläge in meinem Leben gegeben worden. Die Hälfte davon wurde mir im persönlichen Gespräch weitergegeben, die andere Hälfte der Sätze ist allgemein bekannt; einer stammt aus der Bibel.


(I)
Ich beginne mit einer kleinen eher bäuerlichen Familienweisheit, die der Schriftsteller John Updike (1932 – 2009) von seinen Vorfahren übernommen hat:

Streiche die Butter auf den Rand zu, es kommt ganz von alleine genug in die Mitte.
(Butter towards the edges, enough gets into the middle anyhow).
Updike hat gesagt, er habe das auch auf seine Kunst anwenden können: mit Sorgfalt in einigen Details gelingt der Rest des Kunstwerkes ganz von selbst.

(II)

Als zweiten Satz habe ich etwas zum Thema „Auftreten vor größeren Zuhörerschaften“:
Wallace Haines (1910 – 2006): Wenn du etwas öffentlich sagen mußt, sage dabei immer auch etwas Persönliches von Dir und gehe bis an die Grenze der Peinlichkeit (embarrassment).

Das ist der Ratschlag eines US-Amerikaners, eines väterlichen Freundes und geistlichen Inspirators. Er ist nicht immer auf deutsche Verhältnisse anwendbar, enthält aber die ernste Warnung, die Aufmerksamkeit einer größeren Gruppe von Zuhörern nicht als etwas zu nehmen, was man geschenkt bekommt.

(III)
Als dritten Satz habe ich etwas aus dem Geschäftsleben.
Johannes Runkel (1925 – 2003): Wenn Du mit einem schwächeren Kontrahenten verhandelst, achte darauf, daß Gott sich nicht auf dessen Seite schlägt.
Mein Onkel war meine erster Chef. Er war ein konsequenter, konservativer Marktwirtschaftler aber auch ein sensibler Christ. Es gelang ihm immer wieder (wenn auch nicht durchgängig), seine Verhandlungspartner mit den Augen Jesu zu sehen und deshalb ihre Schwächen als etwas zu erkennen, das man nicht ausnutzen durfte.

(IV)
Als viertes habe ich eine menschlich-geistliche Weisheit vom langjährigen Leiter der Gefährdetenhilfe Scheideweg, einer christlichen Arbeit unter Strafgefangenen:
Friedel Pfeiffer (*1935): Wenn ein Mensch zm Glauben kommt und dadurch eine radikale Lebenswende erfährt, beläßt ihm Gott meist eine schlechte Charaktereigenschaft als Rest des alten Lebens. Der Mensch soll etwas behalten, für das er Gottes Hilfe nötig hat.
So oder ähnlich hat es mir Friedel vor Jahren einmal gesagt und mir damit geholfen, das Zusammenwirken von Menschlichem und Göttlichem besser zu verstehen und außerdem ganz allgemein im Umgang mit Christen deren Unzulänglichkeiten zu akzeptieren, meine eigenen eingeschlossen.
(V)

Heute ein weiteres Wort aus dem Geschäftsleben:
Rudolf Augstein (1923 – 2002):  Man soll nie ein Geschäft schließen, das der Partner nicht einhalten kann.So leicht und selbstverständlich sich dieses Wort anhört, so schwer ist es gerade für junge Leute, sich daran zu halten. Für sie erscheint der Sinn alles Wirtschaftens gerade darin zu bestehen, dem Geschäftspartner extrem ungünstige Bedingungen abzuhandeln. Aber was hilft es, wenn der am Ende darüber pleite geht?
Ich habe für mich selbst den Satz etwas erweitert:
Wenn Du einen Vertrag abschließen willst und den Grund nicht erkennst, warum die Gegenseite aus diesem Vertrag keine Vorteile ziehen will, dann schließe ihn nicht ab.


(VI)
Heute habe ich nochmal etwas über die öffentliche Rede, wobei eine Rede auch ein kurzes Referat oder ein Wortbeitrag vor einem kleinen Kreis von Personen sein kann:
Adalbert Bohle (1922 – 1998): Wenn Du eine Rede beginnst, halte dich nicht lange mit Vorworten auf, sondern falle mit der Tür ins Haus.
Mein Onkel Adalbert war Medizinprofessor und ein wunderbarer Redner, dem die Tübinger Studenten in ihren internen Umfragen jahrelang den ersten Platz für lebendige Vorlesungen gegeben haben. Ich habe nie gehört, daß bei ihm am Anfang einer Rede Worte wie „erstmal“ oder „vorausschicken“ vorkamen.

(VII)

Ein Wort meines Großvaters, ebenfalls aus dem Geschäftsleben, aber vielseitig anwendbar:
Adolf Runkel (1889 – 1961): Habe immer etwas zu schreiben dabei.
Der Opa war als junger Mann mit einem wichtigen Auftraggeber über eine große Baustelle gegangen und hatte von diesem ein gutes Dutzend Änderungswünsche entgegengenommen. Zum Schluß sagte der Kunde: „Ich glaube nicht, daß Sie meine Wünsche ausführen wollen.“ Auf die entsetze Frage des Großvaters, warum er das nicht glaube, sagte der Kunde: „Weil Sie sich nichts aufgeschrieben haben.“
„Seither“, sagte der Großvater, wenn er die Geschichte seinen Mitarbeitern belehrend weitererzählte, „habe ich  i m m e r  etwas zu schreiben dabei!“ Und zog dann mit großer Geste sein Notizbuch aus der Brusttasche.

(VIII)
Hier soll ein Theologe zu Wort kommen:
Karl Barth (1886 – 1968): Wenn ich wählen müßte zwischen der historisch-kritischen Methode der Bi­belforschung und der alten Inspirationsmethode, ich würde entschlos­sen zu der letzteren greifen: sie hat das größere, tiefere, wichtigere Recht. Ich bin froh, nicht wählen zu müssen.Mir gefällt neben dem Inhalt der Aussage im ersten Satz auch der befreiende Grundgedanke des Nachsatzes: man soll sich nicht mit den scheinbar einzigen Alternativen abfinden, die sich einem anbieten. In den 70er Jahren benutzte der damalige Bundeskanzler Schmidt eine ganz ähnliche Denkfigur, indem er (in einer Fernsehdiskussion zur Nachrüstung) auf die Frage, wie er sich bei „lieber rot als tot“ entscheiden würde, sagte: „Gnädige Frau, ich habe mein Leben lang dafür Politik gemacht, daß sich mir diese Frage nicht stellt.“

(IX)
Hier etwas Lokalkolorit.
Rheinische Weisheit: Rechne damit, daß man sich immer ein zweites Mal begegnet.
Die Bürger der Stadt Köln sind seit mehr als 1000 Jahren nie von einem Fürstenhaus regiert worden. Ihr oberster Landesherr war jahrhundertelang der Erzbischof. Sein diffiziles Verhältnis zur Bürgerschaft hat – so wird in Köln gerne erzählt – zu einem fein austarierten Verhältnis von Herrschern und Beherrschten geführt, das noch heute im „Kölner Klüngel“ fortexistiert. Die unsympathische Seite dieser Kölschen Spezialität ist Korruption und Vetternwirtschaft. Die angenehme Seite ist das freundliche Lächeln, mit dem man sich begrüßt und verabschiedet. „Man kennt sisch!“ und möchte angenehm bekannt bleiben.
Freunde, ich denke: ihr wißt Bescheid!

(X)
Und zum Schluß ein Wort aus der Bibel:
Paulus von Tarsus (ca. 20 n. Chr. – ca. 65): Prüft alles und behaltet das Gute.
Dem ist nichts hinzuzufügen, außer vielleicht: ganz so liberal wie der Satz klingt, ist er nicht. Er bezieht sich auf das vorangestellte „Den Geist dämpft nicht, Weissagungen verachtet nicht.“ Es wird hier also nur das geprüft, was zumindest einen Hauch von übernatürlicher Inspiration hat.

Ich verabschiede mich und wünsche allen meinen Lesern ab und an ein wenig Wind aus dieser Richtung!

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