Faradayscher Käfig |
Lieber Martin,
mich beschleicht das Gefühl, dass ich mit meinem Latein am Ende bin und Dich um eine Pause
bitten muss. Am Ende unseres Gespräches sind wir nicht, aber an einem Punkt, von
dem es erst einmal irgendwie nicht weiter geht.
Du beantwortest die Frage
nach dem Mut zum Sein mit einem Hinweis auf die Größe und Arbeitsweise unseres
Gehirns und drängst damit den eigentlichen Sinn der Frage an den Rand. Manche
Fragen sind ja auch dann gut und richtig, wenn sie nicht im Zusammenhang mit
unserer stammesgeschichtlichen Entwicklung stehen. Mir fällt hier eine etwas
humoristische Variante ein, die Frage Woody Allens, „wo bekomme ich ein
vernünftiges Steak?“ Sie lässt sich natürlich sehr gut mit unserer Geschichte
als Fleischfresser verbinden und von ihren Motiven her erleuchten, aber wir
verärgern mit solchen Erklärungen doch eher den Fragenden als dass wir ihm
helfen.
Ich kann die Frage nach
dem Mut zum Sein ebenso wie die Frage nach dem Steak vollkommen getrennt von
der Vorgeschichte solcher Fragen stellen. Auf dem Weg zum Arbeitsplatz sitzen
viele Leute in den Autos oder Bahnabteilen neben uns, denen sich die Frage jetzt in diesem Moment ganz aktuell und
vielfach bedrückend stellt. Ob ihnen die frohe Kunde hilft, dass es schön ist,
ein Mensch zu sein? Oder ist nicht gerade dieser humanistische Optimismus
(dessen Reiz ich natürlich auch verspüre) das moderne Opium des Volkes?
Wie auch immer - mein
Ziel war es, zusammen mit Dir eine Reise aus dem abgesicherten Gebiet des immanent
frame heraus in ein möglicherweise für uns beide unbekanntes Land zu
unternehmen. Aber Du gestattest Dir und mir solche Reisen nicht, Dein immanent frame
ist eher ein Faradayscher Käfig, in dem man vollkommen geschützt gegen
(Geistes-) Blitze aus einer anderen Welt sitzt.
Ich kann damit gut leben!
Aber ich schlage wie gesagt eine Pause vor, auch damit wir unsere Leser nicht
durch Wiederholungen langweilen.
Ansonsten: fest im Herzen
mit Dir verbunden grüßt
Dein Vetter C.
Dein Vetter C.
1 Kommentar:
Lieber Christian - vielen Dank für dieses Erlebnis einer öffentlichen Diskussion. Ich bin neugierig, was Dritte gedacht haben. Wie weit unsere Vorstellungen auseinander liegen, mögen diese Dritte bewerten.
Auf bald - Martin
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