Sonntag, 6. September 2009

Nachtrag: Zufälle




Von den vielen angenehmen Zufällen, die diesem schönen Urlaub immer wieder kleine Kronen aufgesetzt haben – die Begegnung mit einem tschechischen Minister, mit dem heimatlichen Schwimmverein auf 2.500 m Höhe, mit Reinhold Messner, außerdem mit einem großen Feuersalamander, der auf der Wanderung hinunter ins Eisacktal unseren Weg kreuzte – war die Musik des Kirchenchors in St. Ulrich im Grödnertal die schönste und anrührendste.

Wir mußten in St. Ulrich eigentlich nur von einem Bus in den anderen umsteigen, hatten dabei aber Zeit, noch durch den Ort zu schlendern und die schöne alte Pfarrkirche zu betreten. Schon draußen vor der Tür kam uns Musik entgegen. Es war nicht irgendeine Musik - der Kirchenchor probte, begleitet von einem kleinen Orchester, die Messe in Es-Dur von Franz Schubert, seine letzte von insgesamt sieben. Er hat sie kurz vor seinem Tod geschrieben und die Aufführung nicht mehr erlebt.

Ich hatte die Messe als Student einmal in Stuttgart mitgesungen und sie auch später als ein mir vertrautes Stück immer wieder einmal gehört. Im Zentrum meiner Liebe zu dieser Musik steht das Et incarnatus est aus dem Glaubensbekenntnis, ein melodisches, fast volksliedhaftes Stück (bei YouTube ein kleiner Eindruck von einem anderen Konzert). Und gerade dies erklang nun, kurz nachdem wir die Kirche betraten. Es wurde gesungen von zwei Männern aus dem Ort, Tenören mit natürlichen, wenig ausgebildeten Stimmen, und einer gut geschulten Sopranistin. Es war zum Weinen schön.

Von meinen Gedanken her war es eine stille Bestätigung dessen, was ich gegen die Bergverherrlichung und heroische Selbstfindung bei Messner gesetzt hatte. Grund meines Glaubens ist das vom Himmel herrührende Handeln Gottes, das auf der Erde Realität wird. Josef Ratzinger, der Papst, nennt es Geschichtspositivismus (oder ähnlich, ich muß es in Remscheid nachschlagen und nachtragen), es ist ein konkretes, für alle Menschen erfahrbares und nachkontrollierbares Handeln. Es ist keine Grenzerfahrung, keine Selbstfindung. Und es kann zum Lied werden.

Wir haben nachgefragt und am Abend dann die Aufführung zusammen mit vielen Menschen erlebt. Willy Runggaldier und Gebhard Piccolruaz heißen die Männerstimmen aus dem Ort, und Anton Klotzner. Manuela Demetz war die Sopranistin. Im Geist ging für mich der hier in St. Ulrich geborene Luis Trenker durch die Reihen „do vorn bin I als kloaner Bub in der Christmette gesessen“.

Und über dem Grödnertal stand der Vollmond, der Ramadan-Mond meines lieben Freundes Nureddin Öztas, den ich hoffentlich einmal mitnehmen kann zu solch einer schönen Musik.


La postina della Val Gardena
bacia solo con la luna piena...





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