Freitag, 25. November 2016

Reise ins Heilige Land (X): Italiener in Bethlehem


Papamobil mit Frisiersitz
Die Geburtsstadt Jesu hat nicht nur jahrhundertealte Schätze vorzuweisen. Sie blickt auch stolz auf ein neues italienisches Café, in dem mit modernsten italienischen Maschinen ein Kaffee gekocht wird, der an römische Standards heranreicht. Auf der offenen Terrasse des Cafés, von der man einen weiten Blick ins Land hat, steht ein weiterer Stolz Bethlehems: das Papamobil, mit dem der italienischstämmige Franziskus bei seinem Besuch im Mai 2014 durch Bethlehem gefahren ist.

Anders als das Auto seiner Vorgänger Benedikt und Johannes Paul ist dieses Gefährt nicht mit gepanzertem Glas versehen, sondern nach allen Seiten offen. Es wurde Wert darauf gelegt, dass eine echte lokale Produktion für den Papst zur Verfügung gestellt wurde. Und so ist dieses Auto auch sympathisch lokal geworden: ein umgebauter kleiner Lieferwagen mit einer Ladefläche für den Papst und einem großen Dach aus Zeltstoff darüber. Alles ist hübsch weiß angestrichen wie es sich für päpstliche Einrichtungen gehört.

Donnerstag, 24. November 2016

Reise ins Heilige Land (IX): Durch das Wadi Auja


Am Eingang zum Wadi Auja
Von der hoch über dem Jordantal gelegenen kleinen Stadt Kafr Malek geht ein steiler Weg hinunter zur Quelle Ein Samia. Von dieser Quelle werden große Teile der West Banks mit Wasser versorgt, so auch die Brauerei von NadimKhoury im nahen Taybeh, Endpunkt meiner ersten Wanderung in 2013.

Die Etappe des Abrahamswegs von Kafr Malek (etwa 800 m über dem Meer) über Ein Samia (400 m) nach Jericho (- 300 m, also unter dem Meeresspiegel) ist in zwei Tagesmärsche geteilt und geht im ersten Teil den steilen Canyon des Wadi Auja bis hinunter auf Meereshöhe hinab und von dort in einer zweiten Etappe in das noch einmal 300 m tiefer gelegene Jericho.

Meinem über alle Maßen geschätzter Wanderführer von 2013, Nedal Sawalmeh, war es kurzfristig gelungen, Nureddin und mich in eine norwegische Pilgergruppe einzugliedern, die mit 20 Personen auf dem Fußweg von Nazareth nach Bethlehem unterwegs war, dem "Nativity Trail".

Dienstag, 22. November 2016

Reise ins Heilige Land (VIII): Wege der Erinnerung


Der polnische Autor Andrzej Szczypiorski (1928 - 2000) hat als junger Mann die deutsche Besetzung Warschaus erlebt. Kurz vor seinem Tod sagte er bei einem Vortrag in Bonn, die damaligen Ereignisse seien bei ihm lebendige Erinnerung, dagegen seien sie bei seinem nach dem Krieg geborenen Sohn bereits entferntere Geschichte. Und für seine Enkelkinder seien sie so weit weg wie der Dreißigjährige Krieg.

Mich hat das damals beim Hören getröstet - das Vergessen kann ja friedensstiftend sein. Aber in Yad Vashem hat sich etwas in mir gesträubt, die Erinnerung als etwas anzusehen, das man mit der Distanz erlebt, die man zur Geschichte ferner Generationen hat. Der Massenmord an den Juden ist ja ein erschreckend modernes Ereignis - ein technisch hochentwickeltes Volk überlegt kalten Blutes, wie man mit industrieller Präsizion Millionen von schuldlosen Lebewesen töten kann.

Montag, 21. November 2016

Reise ins Heilige Land (VII): Yad Vashem



Der eindrücklichste Teil unserer Reise ist der gemeinsame Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Avi, der Sohn eines litauischen Juden, Nureddin, der Sohn eines anatolischen Türken und ich, der Sohn des Volkes, welches das ganze Unheil angerichtet hat, gehen durch die Galerie der schrecklichen Bilder und Dokumente. Meist lasse ich die beiden allein gehen und reden und betrachte die Filme und Bilder, von denen man sich immer wieder abwenden muss, weil man es nicht erträgt.

Sonntag, 20. November 2016

Reise ins Heilige Land (VI): Jerusalem von Gold


Jüdische Klagemauer und
Kuppel des muslimischen Felsendoms

Unser israelischer Freund Avi erzählt Nureddin und mir bei unserem Gang durch die westlichen Stadtteile von Jerusalem von der Zeit zwischen dem Niedergang des osmanischen Reiches um etwa 1850 und dem Beginn des britischen Mandates 1917. Am Beginn dieser Periode bestand Jerusalem nur aus der heutigen Altstadt. Sie lag innerhalb der Stadtmauern, die unter der türkischen Herrschaft die Form erhielten, die sie heute noch haben. Süleyman der Prächtige war der Erbauer, er regierte bis 1566 also etwa zu Zeiten Luthers und der Reformation.

Nach 1850 begannen die europäischen Mächte damit, sich für Jerusalem und für die dort befindlichen religiösen Minderheiten zu interessieren. Viele nationale Kirchengebäude entstanden, so der am Reformationstag 1898 von Kaiser Wilhelm persönlich eingeweihte Bau der Erlöserkirche. In gewisser Weise bildeten diese Kirchen eine Art von konsularische Vertretung ihrer Herkunftsländer in Jerusalem.

Samstag, 19. November 2016

Reise ins Heilige Land (V): Erschießt sie!


Veronica in Palästina, in iraelischem Auto
In der Sixt-Autovermietung am Flughafen von Tel Aviv, in der wir unseren kleinen Mietwagen für die Reise an den See Genezareth und danach an die Grenze nach Palästina abholen, werden wir von dem freundlichen Dor Klingner bedient. Als wir ihm sagen, dass wir später noch weiter nach Nablus in den besetzten West Banks fahren wollen, sagt er "not with our car!"

Das war uns bereits vorher bekannt, die Israelis vermieten in aller Regel die Leihwagen nur für Fahrten auf ihrem Staatsgebiet. Deshalb wollen wir den Wagen auch in Afula abgeben, das liegt vor der Grenze. Nun mischt sich die hübsche Kollegen von Dor, die bisher an einem zweiten Tisch eine andere Angelegenheit bearbeitet hat, ein und warnt uns, dass es in den palästinensischen Gebieten für uns gefährlich werden könnte. Wir sagen, dass wir keine Angst haben, aber sie bleibt bei ihrer Haltung und sagt am Ende "Shoot them!" Erschießt sie.

Freitag, 18. November 2016

Reise ins Heilige Land (IV): Besetzte Gebiete, neue Häuser


Auf der Fahrt nach Nablus fallen mir in den Vororten eine Reihe von schönen neuen Häusern auf, die ich schon vor einigen Jahren in ähnlicher Weise gesehen habe, die jetzt aber offenbar an Zahl zugenommen haben. Es sind meist mehrgeschossige Häuser, alle aus dem schönen gelblich-weißen Kalkstein gebaut, der hier in der Gegend in den Steinbrüchen zu finden ist.

Die Israelis nennen ihn Jerusalemstein, auch Meleke, den "Königlichen", die Palästinenser sagen "Heilig-Land-Stein". Er wird in große Blöcke von etwa 40 × 20 cm Kantenlänge geschnitten, wobei die Größe des Steins in vielen Gebäuden annähernd gleich ist. So entsteht unter den Häusern auf beiden Seiten der Demarkationslinie eine einheitliche Erscheinung, die vielfach eine sehr schöne Wirkung entfaltet.


Donnerstag, 17. November 2016

Reise ins Heilige Land (III): Christ und Türk


Im Hintergrund eines der "Hörner von Hattin"
Unsere zweite Übernachtungsstation ist das Gästehaus der Familie Shavit im Dorf Arbel*, hoch über dem See Genezareth. Der Blick aus unserem Fenster geht zu den "Hörnern von Hattin", einem markanten Doppelberg, an welchem die Muslime unter der Führung des Feldherrn Saladin in der Schlacht von Hattin im Jahre 1187 die christlichen Kreuzfahrer entscheidend schlugen und dann wenig später Jerusalem für den Islam zurückerobern konnten.

Zwar handelt es sich nicht um einen türkischen Sieg, die Türken lebten damals überwiegend noch in Zentralasien, aber die Schlacht von Hattin gehört zusammen mit der türkischen Eroberung von Konstantinopel und deren Belagerung von Wien zu einer Serie von Schreckensbildern, die tief in den Herzen der Christen ihre Angst vor den Muslimen nährt.

Mittwoch, 16. November 2016

Reise ins Heilige Land (II): Glaube und Unglaube am See Genezareth


In dem Moment, als unser kleiner Mietwagen die Straße am Seeufer verlässt und in die Bergstraße nach Obergaliläa einbiegt, denke ich daran, dass  Nureddin und ich den See möglicherweise zum letzten Mal in unserem Leben sehen. Nureddin ist vornehmlich in Israel, um in Jerusalem zu beten. Wenn er je wiederkommen wird, dann nur, um Jerusalem noch einmal zu sehen. Ich selbst bin von der nervösen Stimmung meiner langen Vorbereitungszeit noch ganz durchdrungen und trage den Vorsatz in mir, den Rest meines nun bald 70jährigen Lebens nur noch kurze und einfache Reisen zu machen.

Reise ins Heilige Land (I): Mit muslimischen Augen sehen



Mein Reisebegleiter und Freund Nureddin wollte immer schon einmal nach Jerusalem, um am zweitheiligsten Platz der Muslime, der al-Aqsa-Moschee zu beten. Ich wiederum wollte noch einmal meine Freunde aus den Wanderungen auf dem Abrahamsweg sehen, und so wurde unser Plan geboren, eine gemeinsame Reise nach Israel und Palästina zu unternehmen.

Schon am ersten Abend wurde mir klar, dass ich mit der Hilfe von Nureddins muslimischen Augen sehr viel mehr sehen würde als nur mit meinen eigenen. Er hat eine ganz eigene Antenne für das muslimische Leben in Israel. Gleich zu Beginn unserer Reise erlebten wir in der alten palästinensischen Staat Jaffa gemeinsam das etwas zurückgebliebene Leben, das man an vielen Orten des Mittelmeers wie eine Erinnerung an alte osmanische Zeiten erleben kann. Die Straßen in der Altstadt sind eng, die Häuser sind in einem manchmal nicht mehr allzu guten Erhaltungszustand und die Strom- und Telefonkabel sind über die Fassade geführt. Aber die Gerüche aus den Imbissständen und den Restaurants und die Geräusche aus den Geschäften sind einladend und verheißungsvoll.