Donnerstag, 11. September 2008

La vuolp chi dorma



Scuol / Schweiz

Wir befinden uns in dem kleinen Teil der Schweiz, in dem die vierte Landessprache gesprochen wird Rumantsch, wie die Leute hier sagen, Romanisch. Man kann ein wenig davon lernen, wenn man die Sprüche auf dem Wänden der schönen alten Häusern liest, an denen man beim Wandern vorbeikommt.

La vuolp chi dorma ist aus einer Sammlung von Sprichwörtern (Proverbis) entnommen, welche das Nachrichtenblatt Allegra in seiner aktuellen Ausgabe veröffentlicht hat. Der Fuchs, der schläft, soweit kommt man auch ohne Übersetzungshilfe, weiter heißt es dann nu tschüffa giallinas. Erraten? Gallus, der Hahn! Der Fuchs, der schläft, fängt keine Hühner. Tschüffa könnte von captare kommen.

Schön und beherzigenswert auch für alle Gutmenschen: Nu’t fare agnè, perche il luf at magli. Wort für Wort: Nicht dich mache zum Lamm, denn der Wolf frißt dich.

Und für alle, die meinen, man könne Fünfe gerade sein lassen: Minda chavè ha sia sumbriva. Jedes Haar hat seinen Schatten. Jedes Detail will also beachtet sein.

Auch eine Bibel haben wir mittlerweile in Rumantsch:

Al cumanzamaint ha Dieu creà il tschel e la terra.
Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.


Damit kann man schon fast die Inschrift aus der Kirche in S-Charl (Bild oben) entziffern:




Nach meinem Eindruck entsteht Romanisch, wenn man die brachialen sprachlichen Methoden der Alpenbewohner so auf das Lateinische anwendet, wie man es weiter nördlich auf das Deutsche angewendet hat. Viel gerolltes R, viel tsch und dsch, alles hinten im Hals gesprochen, fertig ist die Sprache der Berge.

Als Bewohner der Niederdeutschen Tiefebene macht man seine Witze darüber, übers Schweizerdeutsche wie übers „Rumantsch“ aber man denkt sich doch auch, daß man auf positive Weise ein anderer wäre, spräche man auch so klar und hart wie diese Leute. Natürlicher wäre man, männlicher, wahrer, oder nicht?

Wie auch immer – Ende nächster Woche, auf der A 6 in Richtung Frankfurt, fallen solche Eingebungen wieder von einem ab.

1 Kommentar:

Peter Oberschelp hat gesagt…

Wir sind gleichzeitig auf der italienischen Seite, ohne daß wir darauf gefaßt waren, auf das Ladinische gestoßen, das innerhalb der Gruppe der romanischen Sprachen dem Rumantsch am nächsten stehen soll. Als Beispiel das Vaterunser im Dialekt des Grödnertals:

Pere nost, che t'ies tl ciel,
sibe santificà ti inuem,
vënie ti rëni,
sibe fata ti ulentà,
coche en ciel enscì en tiera.