Montag, 24. Mai 2010

Cemal Bey





In der eleganten Zentrale der Journalisten- und Autorenstiftung in Üsküdar auf der asiatischen Seite Istanbuls erklärt uns ein in England ausgebildeter Mitarbeiter in feinem Oxford-English wie die Gülen-Bewegung sich unter der schreibenden Zunft verbreitet hat. Man habe in den 70er und 80er Jahren ein in mehrere tödlich verfeindete Gruppen geteiltes Land vorgefunden, habe Kämpfe zwischen Rechts und Links, Fundamentalisten und Säkularisten gesehen, blutige Auseinandersetzungen, die tausenden von Menschen das Leben gekostet hatten. In dieser Situation hat Fethullah Gülen dazu aufgerufen, Begegnungszentren der Versöhnung zu schaffen, von denen die Stiftung, bei der wir heute zu Gast sind, eins der ersten war. Andere sind gefolgt.

Cemal Uşak, ein im Ruhestand lebender Journalist, Vizepräsident dieser Stiftung kommt hinzu und erzählt uns, ebenfalls in gutem Englisch, weitere Einzelheiten des mittlerweile auch andere Länder umfassenden Versöhnungswerks - so etwa, wie man in Ägypten säkulare Journalisten und die (hier zunächst sehr zögerlichen) Moslembrüder zu einer gemeinsamen Konferenz eingeladen hat. Mittlerweile habe es eine ganze Reihe solcher Konferenzen gegeben, der Friede ist gewachsen.

Mich erinnert das alles ganz stark an die friedensstiftende Arbeit der Leute um das amerikanische Prayer Breakfast. Auch sie haben in einer Krisensituation, einem verbittert geführten Arbeitskampf in Seattle, die verfeindeten Parteien zusammen eingeladen, nicht zu Verhandlungen zu den konkreten Themen, sondern zum gemeinsamen Essen, zu einem gemeinsam gelesenen Bibelwort, einem Gebet.

Am Ende frage ich den milde und freundlich redenden und darin seinem Vorbild Gülen ähnlichen Cemal Bey, was er in einem solchen weltweiten Dialog einem christlichen Freund als bewahrenswerte Essenz seines eigenen, christlichen Glaubens ans Herz legen würde. Er überlegt lange, berät sich in Türkisch mit Mustafa Erol, dem Oxford-Mann, und läßt diesen am Ende an seiner Stelle antworten: die Stärke des Christentums ist sevgi, die Liebe, die Stärke des Islams ist adalet, die Gerechtigkeit, wenn beide Religionen konsequent für das ihre einstehen, ist es um die Welt besser bestellt.

Ich empfinde es als schön und ermutigend, von einem Moslem zu erfahren, daß er offenbar dieses essential der christlichen Lehre für weiterhin lebendig hält und mit Hoffnung zu uns hinüber und auf unseren Glauben sieht.







Am Ende gibt es auch materielle Geschenke.



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