Donnerstag, 27. Mai 2010

Sancta Maria





Beim Besuch in einer Moschee oder an einem heiligen Ort wie dem Grab von Eyyüp (Hiob) el-Ensari, dem Bannerträger des Propheten, gefallen 674 im ersten Kampf um Konstantinopel, müssen die Frauen unserer Gruppe Kopftuch tragen. Besonders schön sieht das bei einer jungen Dame aus unserer Gruppe aus, die ich bei solchen Gelegenheiten mit „Maria“ anspreche, denn einer Maria im Weihnachtskrippenspiel sieht sie mit ihrem Kopftuch ähnlich, außerdem ist sie katholisch. Die Wirkung ihres schon von Natur aus sehr hübschen Gesichtes wird durch das Kopftuch noch verstärkt.

Diese Beobachtung unterstreicht meine These, wonach die Muslime mit ihrem Kopftuchgebot gar nicht das erreichen, was sie wollen, nämlich eine Eindämmung der weiblichen Reize. Oft ist nach meinem Eindruck das Gegenteil der Fall.

Man findet für Thesen wie diese bei frommen Muslimen durchaus ein offenes Ohr und kann sich dann auch ein wenig kontrovers mit ihnen auseinandersetzen. Dazu ist es gut, wenn man sich untereinander kennt und das gelegentliche Augenzwinkern, das zu einem solchen Diskussionsstoff gehört, nicht vergißt.

Man erfährt dann gerade von den frömmeren unter ihnen einen zweiten Grund für das Befolgen göttlicher Gebote, und der besteht nicht im vordergründigen Nutzen der Gebote (etwa, daß der Verzicht auf Schweinefleisch gesund ist), sondern in einer Art von einfachem Prinzip: wenn Gott es so gebietet, ist es gut! Er mag anordnen, was er will, die Hauptsache ist, daß er unser Handeln prüft und die Liebe und Ehrfurcht findet, die wir ihm schulden.

Dieser Gedanke ist nicht exklusiv islamisch, er findet sich auch in der Bibel. Viele Vorschriften des Alten Testamentes sind nicht sogleich einleuchtend und Nutzen stiftend – etwa die Vorschriften über Quasten (4. Mose 15,38), die der fromme Jude an seinen Kleidern tragen soll. Der einzige Nutzen solcher und ähnlicher Gebote besteht möglicherweise darin, daß der Mensch im Ablauf des Tages immer wieder praktisch und sinnfällig an den Gott erinnert wird, dem zu dienen er sich verpflichtet hat.

So bewirkt das Kopftuch also möglicherweise am Ende gar nicht so sehr den Schutz der Frau vor den gierigen Blicken der Männer. Vielleicht soll es vielmehr beide, Mann und Frau, daran erinnern, daß es über ihnen beiden etwas Höheres gibt, eine Instanz, vor deren Augen sie beide leben und in deren Dienst sie stehen.

Die Maria der katholischen Kirche gehört ebenfalls in diese Tradition. Die Mutter Jesu ist für Katholiken die dienende Magd, sie ist in erster Linie gehorsam, sie tut das ihr aufgetragene klaglos, auch wenn sie es nicht versteht. Im Ergebnis ermöglicht sie dadurch die Existenz des Göttlichen mitten unter den Menschen.



1 Kommentar:

Peter Oberschelp hat gesagt…

Religion und Nutzen sind mir immer als der größtmögliche Gegensatz erschienen. Auch wenn man um Regen oder um das Ende der Sintflut gefleht hat, habe ich das nie mit Nutzen in Verbindung gebracht. Es ging um die Gnade Gottes für das Notwendigste, weitergehender Nutzen im profanen Sinne ist nicht seine Angelegenheit. - Das mit den Quasten ist sehr schön.

Was nun die Verscheierung anbelangt: Sexualisierung und Säkularisierung gehen erkennbar Hand in Hand.