Sonntag, 4. September 2016

Mystik (II): Die Verwirklichung meiner selbst

Eisvogel / Kingfisher
Der Begriff der Selbstverwirklichung hat sich in den letzten Jahren stark abgenutzt hat, nachdem eine ganze Generation von genussorientierten Menschen in der Selbstverwirklichung ihr Heil gesucht und oft nicht gefunden hat.

So wie Taylor allerdings die Selbstverwirklichung in den Gedichten von Gerard Manley Hopkins  (1844 - 1889) beschreibt, ist sie vollkommen Anderes.

Hopkins ruft in seinen Gedichten eine große Expression hervor, ein Herausgehen des Menschen aus den tiefsten Schichten seines eigenen Selbst. Gott stößt diesen Weg an, auf Gott verweist alles auf diesem Weg.

In Hopkins Gedicht von den Eisvögeln beschreibt er "Wie Eisvögel Feuer fangen, Libellen die Flamme anziehen ... so tut jedes sterbliche Wesen ein und dasselbe: teilt aus, was innen in ihm selbst wohnt."

Der Mensch hat ein inneres Wesen, eine eigene Bestimmung, die er in die Welt hinausbringt und ruft: "Was ich tue, bin ich. Darum bin ich gekommen". 


As kingfishers catch fire, dragonflies draw flame;
As tumbled over rim in roundy wells
Stones ring; like each tucked string tells, each hung bell's
Bow swung finds tongue to fling out broad its name;
Each mortal thing does one thing and the same:
Deals out that being indoors each one dwells;
Selves — goes itself; myself it speaks and spells,
Crying What I do is me: for that I came.

I say more: the just man justices;
Keeps grace: that keeps all his goings graces;
Acts in God's eye what in God's eye he is —
Chríst — for Christ plays in ten thousand places,
Lovely in limbs, and lovely in eyes not his
To the Father through the features of men's faces.


Wie Eisvögel Feuer fangen, Libellen die Flamme anziehen,
Wie Steine klingen, die über runde Brunnenränder fallen,
Wie jede angezupfte Saite es sagt, jeder aufgehängten Glocke
Bogenschwung eine Sprache findet, um seinen Namen weit herauszurufen;
So tut jedes sterbliche Wesen 
ein und dasselbe:
Teilt aus, was innen in ihm selbst wohnt;
Selbst - es geht selbst, spricht ichselbst und buchstabiert,
Ausrufend 
Was ich tue, bin ich: darum bin ich gekommen.

Ich sage mehr: der gerechte Mensch rechtet;
Hält Gnade: die aller seiner Wege Gnaden hält;
Handelt in Gottes Auge, was er in Gottes Auge ist -

Christus - denn Christus spielt an Tausenden von Orten
Schön in Gliedmaßen, und schön in anderen Augen
Für den Vater durch die Züge menschlicher Gesichter.


Dieses Aus-sich-heraus-Gehen geschieht auf der Grundlage einer mystischen Entdeckung des eigenen Wesens im Spiegel Gottes. Diese Entdeckung ist nicht egoistisch, im Gegenteil: sie ist schön, ist für die Freude der Anderen bestimmt. Unser Wesen, unser Gesicht ist aus einem letzten Grunde angenehm: es ist Gottes Schöpfung, es verweist auf Christus.

 "... denn Christus spielt an Tausenden von Orten
Schön in Gliedmaßen, und schön in anderen Augen
Für den Vater durch die Züge menschlicher Gesichter."

Gottes Schöpfung ist tief in uns verborgen und es steht in unserer Kraft, sie heraus zu lassen und Gott dadurch zu preisen.

Mystik beginnt in uns.

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