Dass König
Friedrich in Schloss Sanssouci, dessen Name ja ohne Sorge heißt, wirklich
sorgenfrei gelebt hat, ist kaum anzunehmen. Er ist bereits morgens um Vier von
seinem harten Feldbett aufgestanden und hat sich den Staatsgeschäften
zugewandt. Seine militärische Disziplin war sicherlich etwas, das aus der Sorge
geboren war. Es sollte wohl helfen, die Sorge wenn nicht zu besiegen, sie doch
immerhin auf Abstand zu halten.
Ein
wichtiges Mittel, seine Sorgen zu vertreiben, war das Vergnügen, das Friedrich aus
guten Büchern, guter Musik und besonders aus guten Gesprächen zog. Wie ein
programmatischer Dreiklang liegen neben des Königs Schlaf- und Arbeitszimmer rechts
die nur dem König und einem Kammerdiener zugängliche Bibliothek, links das
prächtige Musikzimmer und weiter links das eher kleine aber regelmäßig von
sechs Gästen frequentierte Esszimmer. Viel geistige Prominenz war darunter,
alle trugen offenbar zu funkelnden Gesprächen bei.
Im
Musikzimmer gab es an jedem Abend ein Konzert, wobei man sich des vom berühmten
Orgelbauer Silbermann gelieferten Flügels bedienen konnte, der in der damals
üblichen Technik als Hammerklavier hergestellt wurde. Er steht heute noch so,
wie Friedrich ihn nach seinem Tod im Jahre 1786 verlassen hat. Obendrauf liegt
in einer Glasvitrine die schwarze Querflöte, die Friedrich gelegentlich gespielt hat, etwa wenn in den abendlichen Konzerten eine seiner eigenen
Kompositionen erklang.
Was es in
Sanssouci nicht gibt, ist ein Zimmer für die Königin. Die blieb in ihrem
eigenen Schloss oder bestenfalls im Potsdamer Stadtschloss, wenn Friedrich
zwischen April und September in Sanssouci residierte. Das heißt aber nicht,
dass das weibliche Element im Schloss fehlt. Im Gegenteil. Es herrscht eine
verschwenderische Fülle an Bildern und Statuen von meist gar nicht oder nur
spärlich bekleideten Frauen. In keinem anderen Schloss der Welt - vermute ich -
bekommt man so viele nackte Brüste zu sehen.
Friedrich
hat das Schloss nach fünf Jahren Regierungszeit bauen lassen, in ungewöhnlich
kurzer Bauzeit. Er hat auf viele planerisch Details persönlich Einfluss
genommen, am meisten vermutlich auf die ungewöhnliche Idee, die Gartenseite als
einen auf sechs Terrassen gepflanzten Weinberg zu gestalten. Vom Brunnen aus,
der unterhalb der Terrassen die Gartenanlage abschließt, sieht man wie gegen
eine grüne Wand, auf deren oberen Ende das Schloss sich fast in all dem
Grün verliert.
Der Architekt wollte das eingeschossige Sanssouci auf einen Sockel stellen und näher an den Rand der obersten Terrasse heranrücken, aber der König bestimmte es anders.
Der Architekt wollte das eingeschossige Sanssouci auf einen Sockel stellen und näher an den Rand der obersten Terrasse heranrücken, aber der König bestimmte es anders.
Überall herrscht seine zu Stein geworden Philosophie: die Natur sollte in Friedrichs Haus und Friedrichs Leben hinein geholt werden. Diese Gedanken hatte er mit den Philosophen des vorrevolutionären Frankreich gemeinsam, die seine Bibliothek füllten. Irgendwie hat er sich als einen königlichen Weinbauern angesehen, mit all dem Wein auf seinen Terrassen, in seinen Ornamenten, aber sicherlich auch in seinen und seiner Gäste Gläsern.
Manche
Sorgen wird er auf diese Weise vertrieben haben. Und das Fernhalten von Frauen,
hat möglicherweise auch zu seinem persönlichen sorgenfreien Leben gehört, denn vieles
spricht dafür, dass der König homoerotisch veranlagt war. Die Abbilder der vielen
nackten Frauenleiber, die bis weit in die Parks hinein die Atmosphäre des
Schlosses bestimmen, wären dann allerdings nicht der konkreten Sehnsucht des
Königs entsprungen, sondern seiner eher abstrakten Verehrung einer höheren Form
von Schönheit.
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