Dienstag, 6. September 2016

Wanderungen in der Mark Brandenburg (II): Der glückliche König


Luise, Marmorbüste in Schloss Paretz
Friedrich Wilhelm III., König in Preußen von 1797 bis 1840, verdankte sein Lebensglück der Heirat mit der ungewöhnlich schönen Prinzessin Luise. Dem Volk war ihre Schönheit bekannt und auch, dass die beiden in einer echten Liebesbeziehung zueinander standen. Das verstärkte die Verehrung für die als natürlich geltende und dem steifen Hofzeremoniell abgeneigte Prinzessin.


Die Hochzeit fand im Jahre 1793 statt, da war Luise 17, und Friedrich Wilhelm war 24. Die französische Revolution trat gerade in ihre blutige Phase ein. Die in Frankreich eingeforderte radikale Abwendung von allem Konventionellen und Nicht-Authentischen war auch den Preußen kein ganz fremder Gedanke. "Retour à la nature" faszinierte überall in Europa, und bei dem modern gesinnten Brautpaar entstand aus diesem Impuls heraus schon in den ersten Ehejahren mit dem ländlichen Schloss Paretz, 10 km westlich von Potsdam, ein naturnaher Rückzugsort. Er war ebenso dem erträumten Landleben verbunden, wie der Bauernhof Hameau, den sich Marie Antoinette in Versailles bauen ließ.

Im Gegensatz zu den übertrieben idyllischen französischen Bauten waren die Pläne der Preußen allerdings ganz real schlicht und naturnah. Zudem haben die Preußen - anders als die royalen Franzosen - mit ihrer Bautätigkeit auch dem praktischen Ausbau von Landwirtschaft gedient. Friedrich Wilhelm hat seinen Architekten angewiesen, auch einen Generalplan für das angrenzende Dorf Paretz zu erstellen. An den hat man sich gehalten und hat mit König und Königin jährlich das Erntefest gefeiert, wobei  sich die beiden fröhlich unter das Bauernvolk gemischt haben.

Friedrich Wilhelm mochte seine Vorgänger auf dem Königsthron nicht - weder die militärischen Abenteuer und das große Mundwerk seines Großonkels Friedrich II. (des "Großen"), noch die etwas liederliche Art seines Vaters, Friedrich Wilhelm II. Er fand hinter der überwältigenden, vom Volk und besonders seinen Dichtern verehrten  Schönheit seiner Frau eine Art von familiärem Ruheplatz, an dem er die in schneller Folge geborenen zehn gemeinsamen Kinder leben und heranwachsen lassen konnte. Sieben von ihnen haben das Erwachsenenalter erreicht, zwei sind Könige geworden, einer davon (Wilhelm I.) sogar Kaiser. Die Tochter Charlotte hat den russischen Zaren geheiratet.

Friedrich Wilhelm musste sich manchmal von einem allzu großen Kult um Luises Schönheit distanzieren. Das berühmte Bildnis des Prinzessinnenpaars (Luise und ihre Schwester Frederike) wollte er nicht allzu häufig gezeigt sehen. Der Bildhauer hatte die Erlaubnis gehabt, eigenhändig die Maße am Körper der beiden Damen zu nehmen und hatte von dem, was er dabei in Erfahrung brachte, auch recht großzügig Gebrauch gemacht. Unter den dünnen Gewändern der beiden erkennt man körperliche Reize, deren Darstellung dem König offenbar missfiel.  Er wollte, denke ich, diese Reize letztlich alleine genießen, auch wenn er vieles von seiner Luise mit dem Volk geteilt hat.

Das Glück des Königs war aber am Ende auch sein Unglück – Luise starb 1810 mit nur 34 Jahren, immer noch schön, wie es das Marmorbildnis auf ihrer Grabstätte in Charlottenburg zeigt, aber von den politischen Umständen - der Besetzung Berlins durch Napoleon 1806, der Flucht der königlichen Familie in die äußerste Ecke von Ostpreußen - doch letztlich in eine tödliche Krankheit, vermutlich Typhus, getrieben.

Der König hat sie um 30 Jahre überlebt. Ihre Kinder und Enkel haben das Versprechen, das in ihrem außergewöhnlichen Leben lag, gerne als Erbe übernommen, indem sie es als eine fast mythische Stütze für ihre königliche oder kaiserlichen Berufung angesehen haben. Schönheit und Hoheit verbinden sich in ihrer Erinnerung und schenken sich immer wieder neu dem Volk.

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