Freitag, 5. Oktober 2012

Eroberungen und ihre Folgen

Remscheid, 5. Oktober 2012
Von unserem Hotel "Pierre Loti" am westlichen Ende des Goldenen Horns* werden wir morgen früh einen weiten Blick auf das Schlachtfeld des Krieges haben, der für viele Historiker die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit markiert hat: der Feldzug zur Eroberung von Konstantinopel. Er wurde am 29. Mai 1453 mit der Einnahme der Stadt durch den osmanischen Sultan Mehmet II. beendet. Der Eroberer hat man ihn von da an genannt, Fatih auf Türkisch. Konstantinopel bestand zu der damaligen Zeit aus dem wuchtigen Dreieck der heutigen Altstadt, das von zwei Seiten nur per Schiff anzugreifen war. Lediglich die Westseite konnte man über Land erreichen und belagern.





Zur Verteidigung der Nordseite genügte eine Seeblockade, die auf einfache Weise mit einer Eisenkette am Eingang zum Goldenen Horn bewerkstelligt wurde. Auf der Südseite, im Marmarameer operierten technisch überlegene Schiffe der Byzantiner, die im Notfall mit dem Griechischen Feuer einer Mixtur aus brennbaren Flüssigkeiten, den Gegner das Wasser unterm Kiel in Brand setzen konnte.
Entscheidend war deshalb der Kampf um die Landseite. Auf etwa 6 km reihten sich dort die stärksten Stadtmauern der Welt, aber der technische Fortschritt in Form einer verbesserten Eisengusstechnik wurde ihnen trotz ihrer Stärke zum Verhängnis. Ein christlicher Europäer namens Urban goss für den Sultan Kanonen bisher ungeahnter Größe und Feuerkraft, konnte dadurch das Gewicht der abgefeuerten Kugeln von bislang etwa 300 kg auf 600 kg verdoppeln und half dem Sultan, die Mauern der Christen nach und nach zu pulverisieren. Urban hatte seine Dienste zuvor auch dem byzantinischen Kaiser angeboten, aber der konnte ihn nicht bezahlen. Der Sultan dagegen soll ihm sogleich das Vierfache des geforderten Betrages ausgehändigt haben. Kriege werden von denen gewonnen, die den letzten Escudo haben, sagte man früher.
Mit der Eroberung Konstantinopels erfüllte sich ein islamischer Traum, den bereits 42 Jahre nach Mohammeds Tod ein Feldherr namens Eyüp, ein persönlicher Bekannter des Propheten, in die Tat umzusetzen versucht hatte. Im Jahre 672 scheiterte sein Versuch, der erste muslimische, die Stadt zu erobern. Das Grab Eyüps, des Fahnenträgers, vor den Toren der Stadt wurde bewahrt und kam nach Fatihs Eroberung  fast 800 Jahre später zu neuen Ehren. An seinem Ort entstanden die Gebäude der Eyüp-Moschee, einem der höchsten Heiligtümer des Islam. Wir werden sie vom Hotel aus sehen könne, unten am Goldenen Horn.
Mehmet II.
Die Eroberung ist ein weltgeschichtlicher Wendepunkt, deshalb ist ihr Sinn und Zweck heute nicht mehr Gegenstand der Diskussion. Es gibt gedanklich keine Alternative zu dieser Eroberung. Im Gegenteil: der Stadt ist ihr türkisch-muslimischer Charakter so deutlich eingeprägt, dass man nicht auf die Idee kommt, zu fragen, was gewesen wäre, wenn Mehmet wie die vielen anderen Belagerer vor ihm erfolglos wieder abgezogen wäre. Die Antwort ist einfach: er war auf die Vereinigung der von den Osmanen eroberten großen Territorien angewiesen und benötigte deshalb das mitten in deren Gebiet liegende Konstantinopel. Den Osmanen gehörten bereits weite Teile ihres Stammlandes Anatoliens, wo sie sieben Generationen vor Mehmet als Provinzfürsten angefangen hatten, ihre Macht auszudehnen. Ihnen gehörte 1453 auch fast der halbe Balkan. Konstantinopel lag innerhalb dieser Gebiete wie ein Dorn im Fleisch, und Mehmet wäre wiedergekommen, wenn er 1453 geschlagen worden wäre.
Aber eine tiefere Frage bleibt: mussten alle diese Eroberungskriege überhaupt sein, und durfte man sie schließlich auch noch unter dem Banner eines milden Propheten führen, dessen Religion übersetzt Frieden bedeutet? Seine Nachfolger leiden heute noch darunter, dass ihr Friedenswille immer wieder angezweifelt wird. Wäre ihr Ansehen in der kriegsmüden Welt unserer Gegenwart größer, wenn sie die Hypothek der alten Eroberungen, der Verbreitung ihres Glaubens mit Feuer und Schwert nicht zu tragen hätten?
An dieser Stelle kommen natürlich auch Gedanken an die christlichen Kreuzzüge auf. Auch sie belasten das Erscheinungsbild der modernen Kirchen bis heute. Aber im Unterschied zu den arabischen Eroberungen gibt es kein Zeugnis von Jesus, der die Soldaten zu Eroberungszügen losgeschickt haben könnte. Mohammed soll dagegen dem Feldherrn Ruhm und Ehre versprochen haben, der die Stadt für den Islam einnahm. So habe ich es jedenfalls gehört – und erwarte lebhafte Diskussionen** darüber auf unserer Reise.
* das Hotel liegt im Bild oben links, an der Stelle, wo das goldene Horn eine Biegung nach Nordosten macht

**Nachtrag


Freund Necattin schreibt mir hierzu am 13. 10.:

 
Gesandte Gottes sind unterschiedlich alt geworden.Der Prophet Muhammed (FSMI) wurde 63. Andere vor ihm sind noch aelter geworden.Der Gesandte Jesus (FSMI) ist sehr jung von uns gegangen, etwa 33 ist er nur geworden. Ihm sind daher viele Dinge erspart geblieben, die von anderen Propheten vor ihm und Muhammed (FSMI Allen)nach ihm gemeistert werden mussten.Etwa ein Staat mit allen Konsequenzen zu lenken, eine Armee zu haben und gegen feindliche Armeen einzusetzen.Die Propheten Salomon oder David (FSMI beiden)haben es wie Prophet Muhammed(FSMI) auf gleiche Weise getan, tun müssen. Viel lieber haetten sie jedoch alle in Frieden erhalten. Man muss die Dinge auch mit dem Geiste der Zeit lesen, obwohl man auch eınschraenkend feststellen muss auch jetzt ist die Welt nicht friedlich. Damals mussten viele Dinge anders gemacht werden, als jetzt zum Glück. Würde Konstantinopel nicht erobert werden, würde Medina von anderen erobert. Es ist gut so wie es ist und die Zukunft ist wichtiger.


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