Montag, 23. August 2021

Neun Könige und zehn Schlösser (VIII)

Der unglückliche Friedrich kam 1888 auf den Thron, nachdem sein Vater mit fast 91 Jahren gestorben war. Er hatte entsprechend lange auf die Thronfolge warten müssen und war nun außerdem noch seit etwa einem Jahr unheilbar an Kehlkopfkrebs erkrankt, in dessen Folge er nach mehreren Operationen seine Stimme verloren hatte. Seine Regierungszeit dauerte von März bis Juni, dann starb auch er, zu einem stummen Schattendasein verurteilt, in dem er ein paar Orden verteilte, nachgeordnete Personalentscheidungen traf und all das liegen lassen musste, auf das er sich ein Leben lang vorbereitet hatte.

Die Liberalen im Lande hatten schon seit vielen Jahren große Hoffnungen auf ihn gesetzt, und er hatte sie in gewisser Weise auch erfüllt, indem er sich als ein tatkräftiger Kriegsherr erwies, der in den Schlachten seines Vaters große Truppenteile erfolgreich ins Feld führte und außerdem der konservativen Regierung Bismarcks immer wieder kleine Nadelstiche versetzte.

Parallel zu seinem tragischen Leben gab es außerdem die Tragik seiner Frau Victoria, die als erstgeborenes Kind der englischen Königin gleichen Namens eigentlich auch ihre Nachfolgerin hätte werden können, wenn die Regeln am britischen Königshof die Männer nicht bevorzugt hätten. Im historischen Rückblick stehen mit der heutigen Elisabeth, mit Victoria und der ersten Elisabeth drei mächtige Königinnengestalten vor unseren Augen, die alle nur in Ermangelung eines männlichen Erben das Anrecht auf den Thron erhalten hatten.

Man weiß aus den Briefen dieser zweiten Victoria, „Vicky“ genannt, wie unzufrieden sie mit ihrer Rolle am preußischen Königshof war. Dabei war ihre Ehe mit Friedrich nicht unglücklich und am Ende auch mit acht Kindern gesegnet. Der 19-jährige Friedrich hatte einen Besuch am englischen Hof gemacht und sich der 11-jährigen Victoria in holprigen Englisch vorgestellt. Sie antwortete in perfektem Deutsch, was allerdings nicht verwundert, da ihr Vater Prinz Albert Deutscher war und sich sehr um ihre Erziehung gekümmert hatte.

Möglicherweise hat sich die Tragik der beiden Menschen in einem historisch bedeutenden Moment so verbunden, dass eine dritte Tragik entstand: die körperliche Behinderung des ältesten Sohnes Wilhelm. Seine Geburt erwies sich als äußerst schwierig und fügte ihm Verletzungen am linken Arm zu, die diesen Arm dauerhaft lähmten und kürzer werden ließen. Mit dieser Behinderung musste Wilhelm leben und viele vermuten, dass er sie mit einem grußspurigen Auftreten ausgleichen wollte.

Noch einmal zu Friedrich: er war der erste in der Reihe der preußischen Könige, der den Weg eines bürgerlichen Studiums an der Universität Bonn einschlug. Sein Sohn Wilhelm tat es ihm später gleich. Beide hatten lange Jahre im Rheinland gelebt, wo in der Stadt Koblenz ein geräumiges Preußenschloss steht, in dem schon der erste Wilhelm viele Jahre seines Lebens verbracht hatte, wo er als preußische Repräsentanz in der Rheinprovinz lebte.

Der alte Wilhelm kam mit dem jungen Wilhelm besser zurecht als mit Friedrich. Beide standen für eine alte Zeit, in der nicht der Wille einer parlamentarischen Mehrheit das Schicksal des Volkes bestimmte, sondern eher das, was bei Tolstoi mit „Mütterchen Russland“ beschrieben wird, also eine eher unbewusste und in der Volksseele verwurzelte Eigenschaft des Denkens und Wollens. Das hat viele Menschen glauben lassen, die Demokratie passe nicht zu Deutschland.

Friderich hat das nicht so gesehen, aber er hat nicht die Chance bekommen, das Gegenteil zu beweisen..


Friedrich III. wurde 1831 geboren und starb 1888, im Jahre seiner dreimonatigen Regierungszeit.


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